Schwarz, stolz und britisch

■ Das neue britische Kino auf Tournee: Das Sammelprogramm „Arrows of Desire“ läuft jetzt in Bremen

Alles, was das Kino braucht: Leidenschaft, Experimentierfreude, Witz und Tiefgang – der neue britische Film hat es; das raunen sich zumindest die Filmkenner zu. Was davon tatsächlich zutrifft, kann das Publikum nun selbst begutachten. Eine Auswahl neuer Filme und Videos, ansonsten den Besuchern entlegener Filmfestivals vorbehalten, reist derzeit unter dem Titel „Arrows of Desire“ um den Globus, mit Zwischenstation in Bremen. An drei Spielorten werden die Kurzfilmprogramme in den kommenden acht Wochen aufgeführt, um das Wunder des jüngsten britischen Films zu illustrieren – womit allerdings das zentrale Problem der Reihe schon benannt ist. Denn was eigentlich „britisch“ ist an diesen „britischen Filmen“, und welchen Sinn die Idee eines nationalen Kinos macht – diese Frage bildet den gewichtigen Hintergrund für viele Arbeiten dieser Generation von Filmschaffenden.

„Made In Britain“: Dieses Etikett ist auch für den Kurator der neuen Anthologie, den Filmkritiker Peter Wollen, inzwischen fragwürdig geworden. Seine Aufgabe lautete eigentlich, ein Programm zusammenzustellen, das nicht nur repräsentativ sondern auch irgendwie „britisch“ sein sollte. Die Filme selbst aber zeigten sich bei näherer Betrachtung als ziemlich widerspenstig gegenüber solchen Zuordnungen: „Diese Filme und Videos“, sagt Wollen, „thematisieren auch ein verändertes Verständnis unserer Auffassung von ,Britishness'“ – ein Sinneswandel, der sich vor allem in den Filmen seit der Thatcher-Ära feststellen lasse.

Es sind vor allem die Dokumentarfilme, die diesen Wandel widerspiegeln. Die Filme werden dabei zu einer Art Spurensuche und -sicherung. In „A Touch of the Tarbrush“ unternimmt der Filmemacher John Akomfrah eine Reise ins Liverpool der 30er Jahre, und findet Reste einer multikulturellen Gemeinschaft, die heute nahezu utopisch erscheint. Schwarz, Weiß, Braun und alle Zwischentöne existieren hier selbstverständlich nebeneinander; ihre Statements sind mit einem dezidiert politischen Kommentar des Filmemachers überlegt. „What is it like to be black and british?“ fragt Akomfrah.

Auch das ist Kennzeichen vieler dieser neuen „britischen Filme“: Politik wird hier persönlich genommen; umgekehrt werden private Ambitionen auf ihre gesellschaftliche Bedeutsamkeit abgeklopft.

So werden traditionelle Formen des Dokumentarfilms um einige, teils herzerfrischend subjektive Perspektiven erweitert. Visuell besonders aufregend ist das allerdings nicht. Formale Experimente stehen eher im Hintergrund dieser Reihe – ein paar Mal blitzt allerdings dann doch auf, was wir gern als „britischen Humor“ etikettieren. In kurzen Trickfilmen, Musikvideosclips oder auch kurzen, surrealen Spielchen. tom

Nächste Vorstellungen: 3.11., Institut Francais; 17.11. und 1.12. und 8.12., Neues Museum Weserburg