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Wachhund für die Schmuddel-Tories

■ Nach vielen Affären ruft Major seine Partei zur Räson

Dublin (taz) – Der britische Premierminister John Major hat seiner eigenen Partei einen Wachhund verpaßt: Lord Nolan, einer der höchsten Richter des Landes, soll Korruption und Mauscheleien aufspüren und dadurch „das Vertrauen in Politik und Verwaltung wiederherstellen“. Nolans unabhängigem Parlamentsausschuß sollen auch Mitglieder der Labour Party und der Liberalen Demokraten angehören.

Diese beispiellose Maßnahme soll dazu dienen, das schmuddelige Image loszuwerden, das den Tories seit der abenteuerlichen Kette von Sex- und Finanzskandalen anhaftet. Am Dienstag mußte Major den Staatssekretär im Handelsministerium, Neil Hamilton, hinauswerfen, nachdem bekanntgeworden war, daß er für Parlamentsanfragen 2.000 Pfund kassiert hatte. Auftraggeber war Mohamed al- Fayed, der sich Mitte der achtziger Jahre beim Kampf um die Übernahme des Londoner Kaufhauses Harrod's erfolgreich gegen die Konkurrenz durchgesetzt hatte – nicht zuletzt dank der Unterhausanfragen korrupter Abgeordneter, die die Mitbewerber in ein schlechtes Licht rückten.

Die Al-Fayed-Affäre ist aber nur die Spitze eines Eisbergs. Vor einer Woche trat der Staatssekretär und frühere stellvertretende Tory-Vorsitzende Tim Smith zurück – auch er hatte kassiert. Eine weitere Untersuchung gegen zwei andere Tory-Abgeordnete ist ins Stocken geraten, weil die Labour Party den Ausschuß boykottiert, nachdem die Tories ihn zur Geheimsache erklärt haben. Die beiden Abgeordneten sollen Unterhaus-Anfragen zum Discountpreis von 1.000 Pfund gestellt haben.

Beim rechten Tory-Flügel hat die Ernennung Lord Nolans Entsetzen ausgelöst. „Ein glattes Eigentor“, sagte ein Abgeordneter, „Richter verstehen nichts von politischen Vorgängen.“ Mit anderen Worten: Nolan ist nicht käuflich. Ralf Sotscheck

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