: Die Stahlträger hielten den Flammen stand
■ Mehrere Millionen Mark Schaden beim Großfeuer im Deutschen Dom / Fertigstellung verzögert sich um ein Jahr
Fünfzehn Stunden brauchte die Feuerwehr, um den Brand in der Kuppel des Deutschen Doms unter Kontrolle zu bekommen. Erst gestern morgen um 6.11 Uhr konnte Entwarnung gegeben werden. Beendet war damit die Arbeit der Feuerwehr, die mit zeitweise fast 350 Menschen die Hälfte ihrer verfügbaren Berliner Kräfte im Einsatz hatte, noch nicht. Gestern nachmittag wurde noch ein kleines Glutnest bekämpft, das die Feuerwehr mit Hilfe einer Infrarotkamera geortet hatte.
Die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich nicht, ergab gestern eine erste Schadensbilanz: Die zehn stützenden bogenförmigen Stahlträger sind vom Feuer nicht verformt worden, die darüberliegende Kuppel des Kirchenschiffes ist nicht einsturzgefährdet. Von der Kuppel tropfte durch die vom Brand gerissenen Löcher gestern immer noch Wasser herab, die Holzverkleidung im Innern der Kirche ist stellenweise völlig verkokelt. Der Turm des Doms und die originalen Reliefs und Figuren blieben dagegen unbeschädigt. Der Schaden wäre weit höher gewesen, wenn die Flammen auch auf den Turm übergegriffen hätten, meinte die Feuerwehr.
Die Renovierungsarbeiten könnten momentan nicht fortgesetzt werden, da die Versicherung noch eine Bestands- und Beweissicherungsaufnahme durchführen müsse, erklärte der Abteilungsleiter der Bundesbaudirektion, Gerhard Zodtner, auf einer Begehung am gestrigen Nachmittag. Erst danach könne die endgültige Schadenssumme festgestellt werden. Zodtner schätzte den Schaden auf mehrere Millionen Mark, schloß aber eine Schadenshöhe von zehn Millionen Mark aus. Ursprünglich waren für die Rekonstruktion des Bauwerks 32 Millionen Mark veranschlagt worden. Die für Ende 1995 geplante Fertigstellung, so die ebenfalls vor Ort anwesende Präsidentin der Bundesbaudirektion, Barbara Jakubeit, verzögere sich um höchstens ein Jahr. Drei oder vier Jahre, wie von der Boulevard- Presse spekuliert, werde es auf keinen Fall dauern.
Vorrangig müsse nun das eingedrungene Löschwasser aus dem jahrelang mühsam getrockneten Innenraum des Domes herausgeholt werden. Frostaufbrüche könnten im nassen Mauerwerk ansonsten schlimme Folgen haben. Schnellstmöglich soll deshalb mit Warmluft das Gemäuer ausgetrocknet werden.
Der Brand habe vermutlich in einer Dampfsperre aus Kunststoff begonnen, erläuterte Zodtner. Das Material befand sich zwischen der inneren Holzverkleidung und der äußeren Metallhaut der Kuppel. Da sich im Zwischenraum eine Luftschicht befindet, habe diese wie ein Kaminzug gewirkt: die Flammen und der Rauch wurden nach oben gesogen und verbreiteten sich rasend schnell, bis sie aus dem Tambour schlugen, der Lichtkuppel an der Spitze. Die Feuerwehr, die den Rauch während des Brandes analysierte, konnte darin keine nenneswerten Giftstoffe feststellen, berichtete Jakubeit.
Auch wenn die Kuppel nicht einsturzgefährdet ist, muß voraussichtlich das gesamte Dach erneuert werden. Abteilungsleiter Zodtner sagte, es würden Überlegungen angestellt, die Kuppel aus unbrennbarem Material wiederaufzubauen. Es werde daran gedacht, die innere Holzverschalung durch eine Steinkonstruktion zu ersetzen. Um zu verhindern, daß weitere Nässe durch das beschädigte Dach in den Bau eindringt, werde ein Notdach errichtet.
Vorwürfe, die Feuerwehr sei zu spät am Brandort erschienen, wurden zurückgewiesen. Bestätigt wurde jedoch, daß ein Löschzug nach dem ersten Brandalarm irrtümlich zum Berliner Dom am Lustgarten fuhr. Andere Löschzüge waren aber gleich am richtigen Ort, sagte Einsatzleiter Braemme. Vermutlich seinen Arbeiten mit offener Flamme am Dach Ursache des Brandes. Die Polizei nahm gegen die am Turm beschäftigte Dachdeckerfirma Ermittlungen wegen fahrlässiger Brandstiftung auf. Elke Eckert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen