: Tornado-Loopings und Sturzflüge
■ Die Luftwaffe übt im Allgäu für ihre Flugshows im Ausland / Tiefflüge erlaubt
Memmingerberg (taz) – In Ungerhausen bei Memmingen ist der letzte Weltkrieg noch zum Greifen nah. „Das ist wie in der letzten Phase des Krieges bei den Luftangriffen der Alliierten“, meint zumindest Werner Tolle. Nicht selten kann der Rentner beobachten, wie Tornados vom nahen Militärflugplatz ihre Tiefflug-Kunststückchen über den Dächern des kleinen Allgäuer Ortes vollführen. „Das ist schlimmster Lärmterror“, empört sich Tolle. Vielen Anwohnern treiben die Düsenjets den Angstschweiß auf die Stirn. „Die brausen in niedriger Höhe heran, ziehen ihre Maschinen steil nach oben und kommen nach einer gewagten Spirale wieder nach unten geschossen“, schildert Tolle das, was er mit einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Memmingen vergeblich unterbinden lassen wollte. Aber dort fand man keine Hinweise auf eine strafbare Handlung.
Denn was sich seit einem Jahr über Memmingerberg abspielt, ist offiziell nach dem Luftverkehrsgesetz erlaubt. „Wir werden von verschiedenen Nationen, zum Beispiel von unseren Freunden im Osten, eingeladen, mit unseren Luftfahrzeugen vorbeizuschauen“, erklärt dazu Luftwaffensprecher Joachim Both. Für diese Luftshows müßten die Piloten eben üben. Es gehe nicht um Kunstflug, auch wenn das für die Bevölkerung manchmal so aussehe, sondern um die Darstellung dessen, was Piloten bei der Bundesluftwaffe können müßten.
Die Mindestflughöhe von 300 Metern müssen die Flieger dabei nicht einhalten. „Ein Vorbeiflug“, so Both, „kann in einer Höhe von 50 Metern stattfinden. Ein Überflug, der mit einem Richtungswechsel verbunden ist, hat eine Mindestflughöhe von etwa 150 Metern.“
Auch Flugplatzanwohner von Lagerlechfeld bei Augsburg kritisieren, daß selbst über der Schule und dem Kindergarten Flugübungen durchgeführt werden. Hans- Jürgen Velleuer befürchtet, daß – ähnlich wie in Ramstein – durch diese „unnötigen und höchst gefährlichen Flugmanöver Menschen extrem gefährdet sind“. Auf seine Beschwerde hin ließ ihn das Luftwaffenamt in Köln wissen, es sei nun einmal bekannt, „daß der Flugbetrieb in unmittelbarer Nähe eines militärischen Flugplatzes mit erheblichen Lärmauswirkungen verbunden ist“. Bei den von Veleuer kritisierten Flugmanövern handelte es sich um Vorübungen zu einem „Tag der offenen Tür“, bei dem bestimmte Teile des „verbandsspezifischen Flugbetriebs“ dargestellt werden sollten. Luftwaffensprecher Both bestätigt, daß solche Manöver im Verteidigungsministerium vom Führungsstab Luftwaffe genehmigt würden.
Für dieses Jahr, so Both, stehe nur noch ein ausländischer Flugtag auf dem Programm. Nach der letzten Flugschau in Tschechien soll das Jagdbombergeschwader 34 Memmingen Ende Oktober im österreichischen Graz zeigen, was Bundeswehr-Jetpiloten können. „So an die fünfzehn- bis zwanzigmal im Jahr werden wir zu solchen Flugschauen eingeladen“, sagt der Luftwaffensprecher. Für eine entsprechende Vorführung seien vier Übungsflüge erforderlich.
Welcher Nato-Flugplatz nächstes Jahr mit den Übungsflügen für die Flugtage im Ausland dran ist, vermag man in Bonn noch nicht zu sagen. „Mal ist das Memmingerberg, letztes Jahr war es Büchel, das Jahr zuvor Nörvenich. Alles andere ist noch nicht im einzelnen vorbestimmt.“ Vorsorglich aber wird die Bevölkerung für diese angeblich nötige Eigenwerbung der Bundeswehr schon mal um Verständnis gebeten. Angst vor Unfällen bräuchte niemand zu haben: „Die Piloten werden dafür über Jahre hinweg ausgebildet.“ Klaus Wittmann
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