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„Das ist hier wie im Gefängnis“

■ Junge Bosnierin darf nicht mehr auf „Bibi Challenge“ wohnen / Bewohner: Leitung schikaniert uns / 200 Unterschriften gesammelt Von Kaija Kutter

Alma Bajric hat ein handfestes Problem: Sie weiß nicht, wo sie schlafen soll. Am Mittwoch hat der „Chef“ des Flüchtlingsschiffs „Bibi Challenge“ in Neumühlen ihre Bordkarte zerschnitten und das Schloß ihrer Kabine ausgetauscht. Sie habe gerade noch seine Mitarbeiterin hindern können, ihre Sachen in zwei blaue Plastikbeutel zu füllen.

Sie habe oft mit dem „Chef“ Ärger bekommen, sagt Alma Bajric, weil sie in der Stadt einen Freund hat, bei dem sie gelegentlich übernachtet. „Ich bin jung, da hab ich eben einen Freund. Aber ich brauche das Zimmer. Bei ihm kann ich nicht wohnen“.

Das sehen die zuständigen Behörden anders. Alma Bajric habe einen Verlobten, bei dem sie häufig übernachte und somit ihren Anspruch auf den Platz auf der „Bibi Challenge“ verloren, ist im Zentralcomputer der Wohlfahrtsverbände notiert, die die staatlichen Plätze vergeben. „Es ist seit Monaten so, daß sie auf dem Schiff nicht wohnt“, weiß auch Sozialbehördensprecherin Christina Baumeister. Als sie Ende Oktober mit zehn Tagen Verspätung ihre Bordkarte verlängern ließ, habe man sie „rechtzeitig abgemeldet“. Diese rigide Regelung sei nötig, um dem Ansturm der Bürgerkriegsflüchtlinge Herr zu werden.

Aussage gegen Aussage. Als Indiz führt Baumeister an, daß in Alma Bajric' Kabine nur ein Bett gestanden habe, obwohl sie dort mit einer anderen jungen Frau wohne. „Das machen auf dem Schiff fast alle so, um mehr Platz zu haben“, erklärt Almas Nachbar Rasim Husanovic. Einer schlafe im Bett, der andere auf dem Boden.

Rasim Husanovic und dessen Freundin Snjezana Ramljak setzen sich dafür ein, daß Alma Bajric bleibt: „Wenn wir uns jetzt nicht wehren, sind wir die nächsten“. Husanovic sieht in dem Rausschmiß den vorläufigen Höhepunkt einer ganzen Kette von Zwischenfällen, die bereits vor zwei Wochen zu einer Sammlung von 200 Unterschriften führte. „Wir wollen, daß ein Verantwortlicher von der Behörde aufs Schiff kommt und uns anhört“, sagt der 32jährige, der gut Deutsch spricht und die Anliegen der Bewohner artikuliert.

Das Verhältnis zur Unterkunftsleitung sei seit sieben Monaten mies, seit zwei Monaten „sehr schlecht“. Hauptsächlich richtet sich die Kritik gegen die Person des stellvertretenden Unterkunftsleiters, als „Chef“ bekannt. „Wenn man den Chef etwas fragt, brüllt er immer nur ,Schluß aus'“, sagt Snjezana Ramljak. Es gebe keinen Ansprechpartner für Probleme, die Dolmetscherin würde sich nur für die kroatischen Landsleute einsetzen, nicht aber für die Muslime. Ohne Erklärung würden Bewohner von einem Tag auf den anderen in andere Kabinen versetzt. Wer Anweisungen nicht befolge, dem drohe „Ärger“. Und obwohl es an Bord leere Zimmer gebe, dürften Verwandte, Freunde und sogar Ehepartner muslimischer Bosnier nicht an Bord.

Die Bosnier berichten aber auch von unmittelbarer Schikane. Ohne anzuklopfen würden die Kabinen mit dem Generalschlüssel geöffnet. Um zu beweisen, daß sie operiert wurde und die Hilfe ihrer Mutter braucht, habe sich einen junge Frau vor einem männlichen Büromitarbeiter ausziehen müssen. Auch hätte eine Reinigungskraft eine Bewohnerin geschlagen. Umgekehrt würde nicht interveniert, wenn Bewohner bedroht werden und um Hilfe bitten. Die Hausordnung würde ständig erneuert, im Sommer sei sogar das Betreten der Terrassen verboten worden.

Kleinigkeiten, die das Gefühl geben, „wie im Gefängnis zu leben“, sagt Rasim Husanovic. Das Leben auf dem schwankenden Schiff würde krank machen, fast jeder hätte Kopfschmerzen oder erhöhten Blutdruck.

Behördensprecherin Christina Baumeister kann sich nicht vorstellen, daß es auf der „Bibi Challenge“ leere Zimmer gebe könnte: „Das Schiff ist voll belegt“. Auch sei die Kritik an Mitarbeitern ein „ganz alter Hut“, diese würden eine „sehr schwere und verdienstvolle Arbeit leisten“. Es gebe ein paar Bewohner, die unzufrieden sind, „da spielen auch politische und religiöse Motive eine Rolle“. Wenn das Bedürfnis artikuliert würde, könne man auf einer Vollversammlung über Vorwürfe reden. Aber: Dies habe man vor sechs Monaten schon einmal getan, und das sei „ziemlich unerquicklich“ gewesen.

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