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Chinas Premier Li Peng besucht das reichere Korea

■ Ausgedehnte Geschäfte mit Seoul locken, Nordkoreas Atompolitik macht Sorgen / Gemeinsamer Bau von Flugzeugen und Atomkraftwerken geplant

Seoul/Berlin (AFP/taz) – Wenn die Pekinger Führung in der Vergangenheit auf ihre Beziehung zu Nordkorea angesprochen wurde, verfiel sie nicht selten auf blumige Wendungen: Man sei miteinander verbunden wie Lippen und Zähne. Doch obwohl die enge Freundschaft mit dem Norden weiterhin beschworen wird, ist es heute der Süden Koreas, zu dem sich die chinesische Regierung weitaus stärker hingezogen fühlt. Die Geschäfte blühen. Und auch außenpolitisch ist man sich einig darin, daß eine nukleare Aufrüstung auf auf der koreanischen Halbinsel nicht zu wünschen ist.

Chinas Premierminister Li Peng, der gestern zu einem fünftägigen Besuch in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul eintraf, kam in Begleitung seines Außenministers Qian Qichen und eines großen Aufgebots von Geschäftsleuten und politischen Beratern. Ein Abkommen über die Eröffnung von Flugverbindungen wurde am Montag als erstes unterzeichnet. Geplant sind auch gemeinsame Projekte beim Flugzeugbau und beim Bau von Atomkraftwerken. Beide Staaten wollen gemeinsam mittelgroße Passagierflugzeuge für den asiatischen Markt produzieren. Die Kosten dieses Projektes belaufen sich auf 1,2 Milliarden US-Dollar.

Erst vor zwei Jahren, im August 1992, hatten China und Südkorea formell diplomatische Beziehungen aufgenommen – zum großen Ärger der Regierung in Pjöngjang, die vielleicht zu Recht um die rückhaltlose Unterstützung ihres wichtigsten und engsten Verbündeten bangte. Denn China, dessen Soldaten im Koreakrieg Anfang der fünfziger Jahre auf seiten des Nordens eingegriffen hatten, hatte schon länger deutlich gemacht, daß es nicht mehr gewillt war, den rigiden Kommunismus Pjöngjangs zu finanzieren.

Die Kollegen in Nordkorea sollten sich ein Beispiel am „Sozialismus chinesischen Typs“ nehmen, hatten die Pekinger Politiker Besuchern aus Nordkorea angeraten und sie Berichten zufolge auch durch die exportorientierten Sonderwirtschaftszonen geführt. Dort waren schon in den achtziger Jahren südkoreanische Investoren, ihr Kapital und ihr Know-how gern gesehen. Sie gehören, neben Geschäftsleuten aus Hongkong und Taiwan, zu den wichtigsten Handelspartnern Chinas. Bis 1993 hat sich das chinesisch-südkoreanische Handelsvolumen auf 9,1 Milliarden US-Dollar gesteigert, in der ersten Hälfte dieses Jahres lag es bereits bei fünf Millliarden. Nordkorea hingegen entwickelte sich, trotz aller Lippenbekenntnisse chinesischer Führer, immer mehr zum ungeliebten Verbündeten: Es steht bei China mit 1,8 Milliarden US- Dollar in der Kreide. Der Wert des bilateralen Handels wird für dieses Jahr auf rund 900 Millionen Dollar geschätzt. Beobachter sind sich uneins, ob die chinesische Regierung nur kokettiert oder eine realistische Beschreibung ihres Einflusses auf die Atompolitik Nordkoreas gibt, wenn sie von nur geringen Einwirkungsmöglichkeiten spricht. Im Pekinger Außenministerium heißt es, man wisse gar nicht, ob Pjöngjang wirklich die Bombe hat oder entwickelt. Ob er das nun glaubt oder nicht: Südkoreas Präsident Kim Young Sam wird seinen Gast jedenfalls auffordern, alles zu tun, was einer Destabilisierung der koreanischen Halbinsel entgegenwirkt. li

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