: Drückt sich die PDS vor einem Gespräch?
■ Interview mit Vera Wollenberger
taz: Frau Wollenberger, Sie haben zusammen mit Bärbel Bohley, Katja Havemann und Freya Klier die PDS-Gruppe im Bundestag aufgefordert, mit Ihnen über die Hinweise auf eine Stasi-Verbindung Gregor Gysis zu debattieren. Glauben Sie, daß sich die PDS darauf einlassen will?
Vera Wollenberger: Ich hoffe. Wenn die PDS ihren eigenen Ansprüchen gerecht werden will, wird sie sich darauf einlassen. Die PDS hat immer die Tradition des Runden Tisches hochgehalten und sie hat zudem den Anspruch, eine erneuerte Partei zu sein. Was spräche dagegen, mit uns zu reden?
Sie schreiben in ihrem Brief an die PDS-Gruppe, Gysi sei von Ihnen immer wieder dazu aufgefordert worden, den Stasi-Verdacht zu klären. Haben Sie ihn persönlich angesprochen? Sie haben ja vier Jahre gemeinsam im Bundestag verbracht.
Ich habe ihn auch persönlich darauf angesprochen, beispielsweise als ich meine Gerichtsakten zu Gesicht bekam und dort auf Widersprüche gestoßen bin. Aber die erbetene Klärung ist bis heute ausgeblieben. Auch von den anderen ist Gysi aufgefordert worden, ohne Erfolg. Wir wollen jetzt nicht länger hinnehmen, daß Gysi gerichtlich gegen seine ehemaligen MandantInnen vorgeht, sich aber dem Gespräch entzieht.
Bei dieser Vorgeschichte ist es dennoch eher unwahrscheinlich, daß sich die PDS-Gruppe und Gysi auf dieses Treffen einlassen werden.
Gut, aber sie werden dann in einiger Erklärungsnot sein. Auf die Begründung einer Ablehnung bin ich sehr gespannt.
Sehen Sie denn innerhalb der PDS-Gruppe Verunsicherung oder Distanzierungstendenzen gegenüber Gysi?
Wenn sie das Gespräch mit uns ablehnen, kann das ja nur heißen, daß sie Angst vor diesem Gespräch haben und lieber nicht erfahren wollen, was sie dabei erfahren würden.
Was könnte denn in einem solchen Gespräch geklärt werden?
Wer IM „Notar“ war.
Haben Sie daran noch Zweifel?
Wenn laut den aufgefundenen Unterlagen des MfS in einer konspirativen Wohnung ein Treffen stattgefunden hat mit einem Rechtsanwalt, wenn dort über dessen vier Mandanten gesprochen wurde und es nur einen Rechtsanwalt in der DDR gegeben hat, der diese vier Personen vertreten hat, dann ist für mich ziemlich klar, wer der IM „Notar“ gewesen ist.
Hatten Sie denn bereits früher einen Verdacht gegen Gysi?
Ich hatte diesen Verdacht und auch Freya Klier. Die hat sich damals im Gefängnis extra einen anderen Anwalt genommen. Das war dann Wolfgang Schnur. Interview: Matthias Geis
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen