piwik no script img

Karadžićs Hochmut kam vor dem Fall

■ Bosnier erobern die Stadt Kupres zurück / Serbische Raketenangriffe auf UN-Schutzzonen

Berlin/Sarajevo (AP/taz) – Selbst der sonst so vorsichtige David Owen hat gestern öffentlich die Rückeroberung der Stadt Kupres durch die bosnische Regierungsarmee und die mit ihr verbündete Miliz „Kroatischer Verteidigungsrat“ (HVO) begrüßt. Die militärischen Rückschläge der vergangenen Tage könnten die Führung der bosnischen Serben „zum Nachdenken“ bringen, sagte der Vermittler der Europäischen Union im Bosnienkrieg gestern gegenüber BBC. Kurz zuvor hatten UN-Militärbeobachter bestätigt, daß die Truppen des selbsternannten „Präsidenten“ Radovan Karadžić die Stadt an der Verbindungsstraße zwischen Westbosnien, den serbisch besetzten Gebieten Kroatiens und dem von ihnen kontrollierten Teil der Herzegowina verloren haben.

Von einem weniger arroganten Karadžić, wie Owen es vermutete, war zumindest gestern nichts zu merken: Auf die offensichtliche militärische Niederlage reagierte der Serbenführer, indem er erneut die Generalmobilmachung in allen serbisch besetzten Gebieten Bosniens verkündete. Kurz darauf schlugen in einem Wohngebiet der UN-Schutzzone Bihać mindestens sieben Boden-Boden-Raketen ein. Ein Kind wurde schwer verwundet. Nach UN-Angaben sind auch die Blauhelme verstärkt Angriffen ausgesetzt, mindestens zwei von ihnen wurden verwundet.

Serbische Artillerieangriffe galten auch der nordwestbosnischen Stadt Velika Kladuša sowie dem Nordrand der ostbosnischen UN-Schutzzone Goražde. Die politische und militärische Führung der bosnischen Serben traf unterdessen in ihrem Hauptquartier in Pale zu einer Krisensitzung zusammen. Es wurde erwartet, daß über alle von ihr kontrollierten Gebiete der Kriegszustand verhängt wird. Karadžić sagte, er werde „das Rückgrat der bosnischen Armee brechen“, wenn die Jugoslawienvermittler von UN und Europäischer Union nicht in der Lage seien, die Offensive der bosnisch-kroatischen Allianz zu stoppen. rr

Tagesthema Seite 3, Kommentar Seite 10

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen