: Unterm Strich
Der Schriftsteller Martin Walser hat am Samstag in Heidelberg den Dolf-Sternberger-Preis für öffentliche Rede erhalten. Mit der Ehrung Walsers soll im Sinne des 1989 gestorbenen Publizisten Sternberger auf den engeren Zusammenhang von Sprache und Politik aufmerksam gemacht werden, sagte der Vorsitzende der Jury, Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel. Die Auszeichnung, deren erster Träger im Jahr 1992 der Politiker Willy Brandt war, ist mit 20.000 Mark dotiert. Der 67jährige Walser bedankte sich in einer sehr persönlich gehaltenen Rede unter anderem mit einer Philippika über die Freiheit der Presse. Vor allem kritisierte er die Medien und deren Unart, durch Zitate außerhalb des rhetorischen Zusammenhangs „unwahrhaftiges Zeitgeisttheater“ zu produzieren. In seiner Laudatio würdigte der Literaturwissenschaftler Hans Mayer den Preisträger als einen Schriftsteller, der sich einmische und „seine unbotmäßigen Gedanken gut walserisch aus einer vergleichsweise komplizierten methodologischen Reflexion herausspringen“ lasse. Mit der Auszeichnung wurde Walsers „Rede über Deutschland“ gewürdigt, die er am 30. Oktober 1988 in den Münchner Kammerspielen gehalten hatte. Er könne sich mit der deutschen Teilung abfinden, hatte er damals gesagt, sie sei eine „offene Wunde“, ein „Strafprodukt“ der Geschichte. Heute erscheine Walsers Rede vor sechs Jahren als ein Schlüssel zu seinen jüngsten Werken, so Mayer. Sie habe eine heftige, bis heute anhaltende Polemik entfesselt. Schließlich sei mit dieser Urteils-Revision die „herrschende Meinungs-Ruhe gestört“ worden. Dies habe der Autor persönlich zu spüren bekommen, das Embargo greife bis heute. Ob da der rhetorische Zusammenhang mit Herrn Mayer durchgegangen ist? Selbst der Spiegel hatte bislang keine Probleme, seitenlange Walser-Essays abzudrucken.
Große Begeisterung hat am Freitag abend ein Auftritt des armenischen Streichquartetts „Komitas“ in Courbevoie bei Paris ausgelöst. Bei der ersten Station einer Europa-Tournee spielte das nach dem armenischen Musikwissenschaftler und Geistlichen Komitas (1869-1935) benannte Ensemble virtuos Klassiker wie Joseph Haydns „Lerche“, Franz Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ und „Quatuor“ des zeitgenössischen armenisch-stämmigen Schweizers Haig Vartan. Die Tournee der Musiker aus Eriwan ist eine Initiative der französischen Vereinigung für Musikaustausch „Action musicale internationale“ (AMI). „Die politischen Umwälzungen in der ehemaligen UdSSR haben viele international bekannte Künstler der 1991 unabhängig gewordenen einstigen Sozialistischen Sowjetrepubliken – darunter Armenien – von der Welt abgeschnitten“, sagte die AMI-Präsidentin Eugenie Aleciani. Das Komitas-Quartett wird auch in Tübingen, Bad Schwalbach (Hessen) und Köln gastieren. Tourneeabschluß ist am 30. November in Genf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen