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Vor dem Frieden in Angola noch schnell der Endsieg

■ Selbstbewußte Regierung in Großoffensive gegen Unita-Rebellen / UNO besorgt

Ndalatando (taz) – Auf saftig grünen Hügeln haben sich Regierungssoldaten in Schützengräben verschanzt. Vereinzelt ragen Kanonenrohre von Panzern aus den mit Büschen und Netzen getarnten Stellungen. Die nächsten Positionen der „Unita“-Rebellen sind nur 15 Kilometer entfernt.

Das Krankenhaus von Ndalatando, 230 Kilometer östlich der angolanischen Hauptstadt Luanda, ist voller Zivilisten, die in „Unita“-Hinterhalte gerieten. Aber Toni Mata (38), Vizegouverneur der Provinz, strotzt vor Selbstbewußtsein. „Wir unterzeichnen die Friedensvereinbarung nur wegen des internationalen Drucks. Ich persönlich glaube nicht, daß man Unita trauen kann,“ sagt der ehemalige Oberst, der eine fünfjährige Ausbildung in der sowjetischen Lenin-Militärakademie genossen hat.

Seine Haltung ist in Angolas Militärkreisen weitverbreitet und erklärt, warum die Regierungsstreitkräfte trotz der für 15. November geplanten Unterzeichnung einer Friedensvereinbarung in der Offensive sind. Derzeit marschieren sie auf Huambo zu, der 1993 von „Unita“ blutig eroberten Hochburg der Rebellen. Am Freitag nahmen sie den Ort Caala ein, 20 Kilometer vor Huambo. Seit Samstag nacht werden die Vororte der Stadt mit Artillerie belegt. In und um Huambo leben etwa 400.000 Menschen. Die UN-Vertretung in Angolas Hauptstadt Luanda rechnet damit, daß Huambo in den kommenden Tagen in Regierungshände fallen wird.

Die USA sind alarmiert: „Entweder der Frieden klappt jetzt, oder alle Hoffnung auf ein Ende des Bürgerkriegs werden zerstört,“ erklärte US-Botschafter Edmund Dejarnet auf einer Pressekonferenz und verwies auf eine Äußerung von Angolas Generalstabschef Matos vom Februar, wonach Huambo nicht angegriffen werden solle. Aber der gleiche General Matos erklärte auch, er wolle an der Spitze seiner Truppen wieder in die Stadt einziehen. UN-Sonderbotschafter Alioune Blondin Beye zeigt sich in einem Gespräch mit der taz besorgt: „Die Kämpfe bedeuten den nutzlosen Tod von vielen Menschen. Denn die Friedensverhandlungen sind schon beendet.“ Sie sollen einen Schlußstrich unter einen fast 20jährigen Bürgerkrieg ziehen. Aber Skepsis ist verbreitet. Schon 1991 ruhten nach einer Friedensvereinbarung die Waffen, aber „Unita“ entfachte im Herbst 1992 nach ihrer Wahlniederlage den Bürgerkrieg von neuem. Über 100.000 Menschen kamen nach UN-Schätzungen seitdem ums Leben.

Formell hält sich Angolas Regierung an die jüngste Friedensvereinbarung: Ein reichlich seltsam anmutender Passus sieht vor, daß ein Waffenstillstand erst 48 Stunden nach der für 15. November geplanten Unterzeichnung in Kraft treten soll. Vizegouverneur Mata begründet die Offensive kurz vor Schluß so: „Ich persönlich glaube nicht, daß der Frieden funktionieren kann, solange Savimbi an der Spitze von Unita steht.“

Das Selbstbewußtsein des Ex- Offiziers beruht auf einer neuen Stärke. So agiert die Luftwaffe nach Fortbildung durch israelische Piloten weitaus effektiver als früher. „Unita“ wiederum kann sich Nachschub nur auf dem schwarzen Markt besorgen. Die Materialnot war schon im April so groß, daß die Rebellen den Territorialkrieg aufgaben und auf Guerilla-Angriffe zurückgriffen. Manche Beobachter glauben deshalb, daß „Unita“ auch dann am Verhandlungstisch sitzenbleiben wird, wenn sie Huambo verliert. Just dies glauben wohl auch die Militärs der Regierung. Willi Germund

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