■ Mit himmlischer Freiheit auf du und du: Begrenzte Wolken
Berlin (taz) – Auch über den Wolken sollte die Freiheit grenzenlos sein. Diese Doktrin haben seit Anfang der 80er Jahre die US-Regierungen in die Praxis umzusetzen versucht. Die Deregulierung des Flugverkehrs sollte neuen Unternehmern den Himmel öffnen, und mehr Wettbewerb würde den Fluggästen niedrigere Preise und besseren Service bescheren, lautete die Begründung. Nachdem die meisten EU-Länder dem Leitstern USA gefolgt sind, reicht's der US-Regierung plötzlich. Nach ihrem Entwurf für eine neue Luftfahrtpolitik will sie vom „offenen Himmel“ nichts mehr wissen.
Transportminister Federico Pena sprach gar von „vielen Hürden“, die sich durch den Abbau bestehender Hindernisse auftürmten. Deshalb wollten die USA ihren Himmel doch lieber wieder abgrenzen und nur nach bilateralen Verhandlungen mit einzelnen europäischen Regierungen fremde Flugobjekte einfliegen lassen. Denn die Europäer, namentlich die Franzosen, würden ihre Fluggesellschaften hoch subventionieren und so den Wettbewerb verzerren.
Bei näherem Hinsehen entpuppen sich Penas „Hürden“ allerdings als vorgeschoben. Schließlich ärgerten sich über die Air-France-Subventionen auch die meisten EU-Regierungen, die – im Prinzip jedenfalls – gerade ihre Staatskassen von eben diesen Zuschüssen zu entlasten suchen. Der US-Regierung gehe es nur um den Schutz der eigenen Fluggesellschaften, kritisierte die Lufthansa. Und das ausgerechnet jetzt, wo sich die deutsche Fluglinie voll auf die open-skies-Politik ausgerichtet habe.
Doch wenn es um die Freiheit am Himmel geht, messen US-Regierungen traditionell mit zweierlei Maß. Längst schon durften sich US-Linien über Deutschland relativ frei bewegen, als der Lufthansa Gleiches in den USA verwehrt blieb. Erst kürzlich wurde dies korrigiert, und der Lufthansa wurden neue US-Flugziele zugestanden. Wenn jetzt wieder die Regierungen verhandeln, befürchten die Deutschen, gegenüber US- Gesellschaften benachteiligt zu werden.
Denen wiederum hat die Deregulierung langfristig auch nichts gebracht: Nachdem anfänglich viele Neu-Unternehmer ihr Glück über den Wolken suchten, setzte ein harter Verdrängungswettbewerb ein, mit dem Ergebnis, daß es in den USA heute weniger Fluggesellschaften gibt als früher. Fliegen ist allerdings in den USA billiger als in der EU: Während des Preiskampfes der Gesellschaften blieben die Löhne auf der Strecke. Donata Riedel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen