: Klopfender Kuckuck
■ Mit einer neuen Firmenkonstruktion versuchen die Eishockey-Maddogs aus München der Pleite zu entgehen
München (taz) – Vor ein paar Tagen hat man miterleben können, daß die große Krise bei den Münchner Maddogs auch ihren besonnensten Mann gepackt hat und im Begriff ist, ihn mit sich fortzuspülen. Gerd Truntschka mußte den Leuten von der Presse erzählen, wie die Dinge so liegen beim maroden Eishockey-Verein: Truntschka, der emeritierte Teamkapitän, den sie gerade in die Sanierungsmannschaft eingebunden haben, auf daß er kraft seines guten Namens die Sponsoren anlocke und das große Geld. Ein Mikrohalter knallte ihm jedenfalls naßforsch seine Analyse auf den Tisch: „Jetzt bist du schon zehn Tage dabei, und alles ist noch genauso schlimm wie vorher!“ Worauf Truntschka dem Radiomann ins rote Mikro bellte: „Was sie da sagen, ist absoluter Quatsch.“
Ein Hoffnungsträger voller Zorn, kein Wunder: Truntschka hat eine Woche herumtelefoniert, zwar keinen neuen Hauptsponsor aktiviert, doch immerhin ein paar solvente Privatleute und Firmen, die 1,7 Millionen Mark investieren wollen. Mit dem Geld soll statt der bisherigen Maddogs-Eissport GmbH eine neue GmbH gegründet werden, die sich um die Vermarktung kümmert und neue Verträge mit den Spielern aufsetzt. Immer vorausgesetzt, das Finanzamt erklärt sich bereit, noch länger auf drei Millionen Steuerschuld zu warten und die Gläubiger lassen sich weiter vertrösten wie die Spieler: 600.000 Mark Lohn stehen aus.
Immerhin schien das Konzept mit der neuen GmbH den Verantwortlichen der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) so schlüssig, daß sie den Münchnern Zeit eingeräumt haben, es umzusetzen. Wäre auch schlechte Werbung für die gerade eingeführte Profiliga, müßte der Meister und Klassements-Erste sich schon nach einem Drittel der Saison verabschieden.
Vor der Saison hatten die hohen Herren der DEL den Münchnern gedroht, ihnen den Einlaß in die Liga zu verwehren. Es wurde kolportiert, daß die Maddogs, damals noch als Hedos München antretend, mit elf Millionen Mark im Soll stünden. Aber dann haben die Spieler auf einen Teil ihres Gehalts verzichtet, sind budgetbelastende Angestellte wie Wally Schreiber verkauft worden, und einige Gönner haben noch ein paar große Scheine draufgelegt. Im zweiten Anlauf kriegten die Maddogs die Lizenz. Daß sich die Schulden jetzt wieder auf sechs Millionen aufgetürmt haben, liegt nur zum einen daran, daß ein als Hauptsponsor eingeplanter Jeansfertiger nach heftigem Krach verlorengegangen ist. Den wahren Schurken im Stück gibt Eberhard Jülicher, Ex-Geschäftsführer der Maddogs. Steuern habe der nicht bezahlt, mit mittelmäßigen Spielern eigenmächtig Verträge verlängert, gepraßt.
Die Kritik kommt aus dem Beirat des Vereins, allerdings hat der es auch geschehen lassen, daß Jülicher das Eishockey-Unternehmen Maddogs mit seinem Zehn-Millionen-Etat schrittweise in einen Familienbetrieb umwandelte. Ein Manager mußte gehen, in der Geschäftsstelle assistierte Jülicher seine Frau Gemahlin.
So schnell haben sich die Schulden jedenfalls gemehrt, daß die Leute bei der DEL inzwischen glauben, Jülicher habe im Sommer geschönte Bilanzen präsentiert. Vermutlich muß die Sache juristisch geklärt werden. Wie die Verbindlichkeiten „so schnell anwachsen konnten, ist uns unerklärlich“, sagt auch der frühere Hedos- Schatzmeister Adam Jakob, der im Verbund mit Truntschka die Sache in Gang zu bringen versucht. Allerdings ohne wie früher mit privaten Millionen auszuhelfen: „Das muß sich hier selbst tragen. Wenn es nicht klappt, dann werden sich andere drum kümmern.“
Konkursverwalter vermutlich, aber was bis dahin noch alles passiert, weiß so recht niemand. Ein paar Spieler der zweiten Güteklasse sollen weg, die besten wollte Jakob eigentlich behalten. Daß im Moment noch fast alle da sind, liegt daran, daß die meisten anderen DEL-Vereine auch im Randbereich des Bankrotts dahingleiten – bis auf die Düsseldorfer EG kann sich keiner einen Maddog leisten. Die aber wollten den Angreifer Dieter Hegen, 32, gern wiederhaben für drei Jahre. Und seit gestern haben sie ihn auch, obwohl das dem nicht so recht in den Lebensplan paßte. Hegen, Kaufbeurer von Geburt, wäre auf seine alten Tage lieber näher an der Heimat geblieben, da wäre es ihm auf ein paar Mark hin oder her nicht ankommen. Die paar Mark aber hatten die Münchner nicht mehr, schließlich ist die Zahl der Gläubiger groß. Wie viele es sind, weiß Adam Jakob nach Durchsicht der Bücher ziemlich genau: „Alle, die mal was mit den Maddogs zu tun gehabt haben.“ Holger Gertz
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