: Hupen, Hühner, Höhepunkte
■ Zwischenbilanz beim 9. KinderFest / Volles Programm am Wochenende & nächste Woche
Ein Festival, das nicht mit den gängigen, dicht geballten Veranstaltungsblöcken aufwartet, hat es mitunter ein bißchen schwer, den verdienten Aufmerksamkeitswert zu erzielen. So ein Streußelkuchen ist auch das „KinderFest“, dieses Jahr mit 40 Veranstaltungsterminen an sieben Orten, verteilt auf zwei Monate. Veranstalter Stephan von Löwis als Ein-Mann-Verein „KinderKinder“ ist dennoch zufrieden. Er rechnet beim diesjährigen 9. KinderFest mit insgesamt rund 16.000 Besuchern. Ein Pfund mit dem sich wuchern läßt, wenn es nächstes Jahr wieder darum geht, den bisherigen Zuschuß von 70.000 Mark bei diversen Behörden erneut einzuholen. Und allemal gut für den aufgestellten Spendentopf, in dem jetzt schon fast 10.000 Mark für eine chilenische Straßenkinder-Hilfe liegen.
Befragt nach seiner Lieblingsveranstaltung kann sich Stephan von Löwis kaum entscheiden. Schon der syrische Geschichtenerzähler Rafik Schami mit seinem dreiteiligen Märchen an drei Nachmittagen im Völkerkundemuseum war ein Knüller. Da ging die Tür nicht mehr zu. Oder Waschtag vom Theater Pilkentafel im Alsterpavillon. Zwei alte Leutchen, deren Wäsche beim Aufhängen unversehens lebendig wird. Wunderbares Begleitbonbon: „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky live vom Piano. Der Favorit des Herrn Veranstalters, der gelegentlich gerne selbst bühnenwirksam zum Bariton-Saxophon greift: die holländische Jazzkönigin, Sängerin Greetje Bijma mit ihrem Solo for kids. Für ihn „erzeugt sie unglaublichen Wohlklang und Dichte. Ihr Baumlied etwa. Ich glaubte ihr sofort, daß sie eine alte knorrige Weide war.“
Greetje Bijma ist ein Beispiel für die hochkarätige Besetzung des Programms. Oft aus Ecken, aus denen man es nicht vermutet. So produziert sich am morgigen Sonntag das ansonsten eher von älteren Jazzfans goutierte Willem Breuker Kollektif in der Fabrik extra für Kinder ab vier Jahren. Gast: der 74jährige Musikclown Toby Rix mit einer Sammlung chromatisch gestimmter Autohupen. Ein Star unter den Kindertheatermachern ist der Schweizer Peter Rinderknecht, am Wochenende zu Besuch auf Kampnagel (Samstag, Sonntag je 16 Uhr, Halle 1, ab 8 Jahren). In Lenox ist er ein alter Bettler, der vom Flug in den Süden träumt und sich einen Konzertflügel als Startrampe aussucht. Der Pianist staunt über einen „Ausflug mit drei Flügeln“.
Und zum Abschluß und Höhepunkt des KinderFestes eine Extra-Praline. Das Gelbe vom Ei in der Markthalle ist die ziemlich verrückte Revue um die Henne Henni (16. November um 11 und 16 Uhr, ab 5 Jahren). Die sonst ebenfalls eher aus dem Abendprogramm, ausdauernd von Kampnagel, bekannte Miriam Fiordeponti mimt das wohl aufgeregteste und aufregendste Huhn nördlich des Äquators. Kaum der Legebatterie entflohen, schlüpft sie bei einem schrulligen Schrebergärtner (Boris Krebs) zum Schutz vor fiesen Hühnerfängern unter. Mit weiterem Personal geht es erwartungsgemäß drunter und drüber. Gut abgeschmeckt mit Zauberei, Artistik und Musik. Prädikat: Unbedingt sehenswert.
Ludwig Hugo
Fabrik, Kampnagel
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