: Douglas Hurd ist ein Gesetzesbrecher
Gerichtsentscheide gegen Minister setzen die britische Regierung unter Druck / Der Deal „Staudamm gegen Waffenkäufe“ mit Malaysia war nicht nur fatal, sondern auch illegal ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck
Es war eine schlechte Woche für die britische Regierung: Londoner Gerichte bescheinigten zwei Ministern, gegen die Gesetze verstoßen zu haben. Vorgestern entschied der High Court, daß Außenminister Douglas Hurd ungesetzlich gehandelt habe, als er 1991 ein Entwicklungshilfeprojekt für Malaysia absegnete. Am Mittwoch hatte das Berufungsgericht dem Innenminister Michael Howard vorgehalten, daß er bei seinem Kompensationsplan für die Opfer von Gewaltverbrechen den Willen des Parlaments ignoriert habe.
Douglas Hurds Stuhl wackelt seit dem Urteil bedenklich. In seiner Urteilsbegründung sagte Lordrichter Rose, es gebe „nichts, was die Verwendung öffentlicher Gelder für den Pergau-Staudamm im Norden Malaysias rechtfertigt“. Das Projekt fördere keineswegs die Wirtschaft des Landes, wie es das Entwicklungshilfegesetz vorschreibt.
Statt dessen wurde vor allem die britische Wirtschaft gefördert. Die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher hatte 1988 auf einer Asienreise 234 Millionen Pfund (rund 575 Millionen Mark) für den Staudamm zugesagt – im Gegenzug mußte Malaysia britische Waffen für 1,3 Milliarden Pfund bestellen. Schon damals warnte das Ministerium für Entwicklungshilfe, daß der Staudamm eine Verschwendung von Steuergeldern sei, weil er 100 Millionen Pfund mehr koste als die vorgeschlagenen Alternativen. Und Umweltexperten sagten bereits 1988 voraus, daß das Bauprojekt mitten im Regenwald nicht nur der Pflanzenwelt schweren Schaden zufügen, sondern auch westliche Krankheiten unter den Urwaldstämmen verbreiten werde.
Hurd setzte sich über alle Bedenken hinweg und wies das Geld an. Er sagte gestern, daß er damals entscheiden mußte, ob „britische Interessen leiden würden, wenn wir Thatchers Versprechen nicht erfüllt hätten“. Die Frage nach der Legalität habe sich gar nicht gestellt. Hurd bezeichnete das Gerichtsurteil als „ernst“ und sagte, er werde möglicherweise in die Berufung gehen. Diesen Schritt hat Lordrichter Rose jedoch ausdrücklich untersagt. Hurds Anwalt Stephen Richards kündigte an, daß die Regierung die Pergau-Millionen aus anderen Töpfen abzweigen und in den Entwicklungshilfehaushalt zurückzahlen werde.
Freilich ist Malaysia kein Einzelfall. Das „World Development Movement“, das die Klage gegen Hurd eingereicht hatte, legte Zahlen vor, aus denen hervorgeht, daß die Entwicklungshilfe für Thailand, Jordanien, Nigeria, Ekuador und Oman sprunghaft angestiegen ist, nachdem diese Länder größere Mengen von Waffen in Großbritannien bestellt hatten.
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