■ Vor fünf Jahren, nach fünf Jahren: Wendezeit
Die Armee ist mit uns!“ skandierten die Demonstranten auf der Lipova-Straße begeistert. Ein tragischer Irrtum. Statt mit dem Volk zu sein, schossen die Soldaten in die Menge. Sechs Menschen starben im Kugelhagel und Dutzende wurden verletzt. So geschehen am 19. Dezember 1989 im rumänischen Temeswar.
In der „Stadt der Revolution“ hatte alles angefangen. Der renitente ungarische Pfarrer László Tökés, der wiederholt gegen den Diktator Ceaușescu gepredigt hatte, sollte von der Securitate am 15. Dezember verschleppt werden. Gegen Tausende von Demonstranten, die ihn davor schützen wollten, ging die Armee brutal vor.
Doch die Demonstrationen der hungernden und frierenden Rumänen waren mit Gewalt nicht mehr aufzuhalten, und sie breiteten sich innerhalb weniger Tage auf alle größeren Städte des Landes aus. Mehrere hundert Menschen wurden dabei vor allem von den Soldaten der Armee erschossen, doch schließlich – am 22. Dezember – stellte diese sich doch auf die Seite des Volkes.
Am gleichen Tag flüchtete der Diktator im Hubschrauber aus dem Gebäude des Bukarester Zentralkomitees, nachdem eine Menschenmenge ihn bei einer Rede ausgepfiffen hatte. Am 25.Dezember zeigte das Fernsehen die Bilder seiner Hinrichtung. Über Ort, Datum und Umstände des Prozesses gegen Ceaușescu gibt es jedoch bis heute keine gesicherten Angaben. Die Bukarester Machthaber schweigen.
Statt dessen erfanden sie noch in den Dezember-Tagen die Legende von den „Terroristen“: Ihr Ziel war es, den berüchtigten Geheimdienst Securitate und die Armee zu schützen. Nicht sie, sondern eben „terroristische Heckenschützen“ hätten in jenen Tagen wahllos auf Menschen geschossen. Bis heute konnte jedoch keiner dieser „Terroristen“ gefunden und verurteilt werden. Und Staatspräsident Ion Iliescu kann oder will nicht erklären, wer genau sie waren. KV
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