: Osttimor wird zum Gipfel-Thema
■ Vor der APEC-Konferenz in Indonesien schwere Unruhen in Provinzhauptstadt Dili / Sitzstreik von Studenten auf dem Gelände der US-Botschaft in Jakarta / Tote und Verletzte / Zahlreiche Festnahmen
Jakarta (dpa/AP/taz) – „Operation Säuberung“ hieß die Aktion, mit der Militärs und Polizei in Indonesien vor dem großen Ereignis für ein gutes Image sorgen wollten. Bettler und Obdachlose verschwanden über Nacht von den Straßen Jakartas. Die Behörden verschärften die Unterdrückung der Rede- und Versammlungsfreiheit, und kurz vor Beginn des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (APEC) wurde der Chef der größten unabhängigen Gewerkschaft zu drei Jahren Haft verurteilt. Die indonesische Regierung tat alles, um als ruhiges Touristenparadies zu erscheinen.
Vergeblich. In Osttimor, seit 1976 von Indonesien besetzt, lieferten sich gestern mehrere tausend Anhänger der Unabhängigkeitsbewegung Straßenschlachten mit der Polizei. In der Provinzhauptstadt Dili wurden Schaufensterscheiben eingeworfen, Geschäfte geplündert und Autos in Brand gesetzt. Die mit Steinen und Stöcken ausgerüsteten Demonstranten trieben die Sicherheitskräfte zum Teil in die Flucht. Später formierten sich die Sicherheitskräfte neu, setzten Tränengas ein und schlugen die Proteste vorerst nieder. Etwa ein Dutzend Menschen wurden verletzt und siebzig festgenommen. Polizeikräfte riegelten die 30.000 Einwohner zählende Stadt ab.
Die Unruhen begannen im Anschluß an eine friedliche Demonstration für die Unabhängigkeit der früheren portugiesischen Kolonie und die Wahrung der Menschenrechte. Am Vortag war es in Dili zu einer Auseinandersetzung gekommen, als Bewohner der Stadt offenbar gegen indonesische Zuwanderer protestiert hatten. Dabei kamen drei Menschen ums Leben. Die Proteste fallen mit dem dritten Jahrestag des Massakers von Dili zusammen, bei dem indonesische Sicherheitskräfte etwa 200 Menschen töten, die an einer Beerdigung teilgenommen hatten. Außerdem nutzt die Unabhängigkeitsbewegung die Anwesenheit der führenden Politiker der 18 APEC-Mitgliedsstaaten, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.
Am Samstag, dem Jahrestag des Masskers, unternahmen Studenten in Jakarta eine für die Behörden besonders peinliche Aktion: Trotz des Eingreifens der Polizei gelang es 29 Studenten, über die zweieinhalb Meter hohe und mit Stacheldraht versehene Metallumzäunung der US-Botschaft zu klettern. In einem Sitzstreik protestierten sie gegen die indonesische Herrschaft über Osttimor. Außerdem verlangten sie die Freilassung des inhaftierten Führers der Unabhängigkeitsbewegung von Osttimor, José „Xanana“ Gusmao. Von den USA forderten die Studenten, die Lage in Osttimor auf dem APEC-Treffen anzusprechen, das am Dienstag beginnt. US-Außenminister Warren Christopher, der an einem vorbereitenden APEC- Ministertreffen in Jakarta teilgenommen hatte, sagte, die USA hätten Verständnis für das Anliegen der Demonstranten. Das Thema Menschenrechte werde in den bilateralen Kontakten zu Indonesien angesprochen, sicherte Christopher zu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen