Bürokratisch und wirkungslos

■ US-Kongreß kritisiert Bosnien-Politik von UNO und Nato

Washington (dpa/taz) – Der US-amerikanische Kongreß stellt das gemeinsame Vorgehen der Nato immer mehr in Frage. Schon seit langem sind die Abgeordneten mit dem vorsichtigen Taktieren der europäischen Verbündeten und der UNO unzufrieden. Der überragende Wahlsieg der Republikaner Anfang November hat den Kritikern nun neuen Rückenwind gegeben. Sie verlangen ein entschlossenes militärisches Vorgehen gegen die Serben und eine Aufhebung des Waffenembargos gegen die bosnisch-muslimische Armee.

Und so bekam Nato-Generalsekretär Willy Claes bei seinem jüngsten Besuch auf dem Capitol einiges zu hören. Senator Nickles bezeichnete am Montag das Warten der Nato auf eine Zustimmung der UNO zu Luftangriffen „sehr bürokratisch, sehr gefährlich, sehr wirkungslos“. Mehrheitsführer Robert Dole bemängelte: „Die Nato hat sich von den Launen der UNO abhängig gemacht.“

Claes warnte die Senatoren, daß ein Konfrontationskurs und ein einseitiges Ende des Waffenembargos eine gefährliche Lage für die Friedenstruppen schaffen würde. Wenn das Embargo aufgehoben werde, dann müsse dies „richtig“ geschehen – womit er einen gemeinsamen Beschluß meint, der momentan unerreichbar zu sein scheint. Die uniformierten und zivilen Helfer müßten vorher abgezogen werden, betonte Claes, und die Hilfe der USA sei dazu nötig. Senator Richard Lugar, ein führender außenpolitischer Experte der Republikaner, forderte den Generalsekretär auf, „an einer Abzugsstrategie [für die Friedenstruppen; d.R.] zu arbeiten“.

Die US-Regierung widersetzt sich dem Druck aus dem Kongreß bisher noch. Außenminister Warren Christopher betonte, es gebe völlige Übereinstimmung darin, daß eine militärische Lösung des Konflikts nicht möglich sei. Nach den massiven Forderungen aus dem Kongreß scheint Präsident Bill Clinton jedoch inzwischen bereit, das Embargo notfalls einseitig aufzuheben. Der Rückzug der US- Schiffe und Aufklärungsflugzeuge in der letzten Woche diente nach offizieller Lesart dazu, „auf symbolische Weise klarzumachen, daß das Waffenembargo gegen die Bosnier unangemessen ist und multilateral aufgehoben werden sollte“.