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Polizeigewalt aufgrund „struktureller Mängel“

■ Berliner Polizei räumt Fehler ein

Berlin (taz) – Während der Berliner Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) im Zusammenhang mit polizeilichen Übergriffen gegen Ausländer noch immer von Einzelfällen spricht, räumt die Berliner Polizeiführung inzwischen erstmals Fehler ein. In der ARD-Reportage „,Prügelknaben‘ der Nation“, die heute abend ausgestrahlt wird, macht der Berliner Direktor der Landesschutzpolizei, Gernot Priestert, vor allem „strukturelle Mängel“ für die Übergriffe verantwortlich. „Ich glaube wirklich“, sagt Priestert, „daß man sich hier an Menschen vergreift, die – in dem Moment, in dem sie bei der Polizei sind – schwach sind.“ Hintergrund der Übergriffe, so Priestert, seien offenbar Fehlbesetzungen in der mittleren Führungsebene, die zur Folge gehabt hätten, daß sich kleinere Einheiten verselbständigten. Priestert fordert, den Übergriffen durch „ständige Dienstaufsicht und Kontrolle“ zu steuern.

In der ARD-Reportage wird darüber hinaus aus dem Brief eines Polizeibeamten zitiert, der mehrfach beobachtet hatte, „daß Ausländer von Kollegen grundlos geschlagen und dabei in übelster Weise beleidigt wurden“. Beschwerden bei den Vorgesetzten seien, so der Polizeibeamte, nicht nur von den Vorgesetzten, sondern auch in der Polizeiführung ignoriert worden.

Im Juni dieses Jahres hatte der deutsch-vietnamesische Verein „Reistrommel“ erstmals auf Übergriffe der Berliner und Brandenburger Polizei gegen VietnamesInnen aufmerksam gemacht. Allein in Berlin sind inzwischen 55 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte anhängig. Während der Berliner Oberstaatsanwalt Carlo Weber sich erfreut darüber zeigt, daß die „Aussagefronten“ der Polizeibeamten inzwischen aufbrechen, beklagt sich hingegen der Verein „Reistrommel“ über die rüden Vernehmungsmethoden der Polizei gegenüber den vietnamesischen Zeugen. Diese seien mehrfach als Lügner bezeichnet worden. Uwe Rada

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