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Tribunal gegen Asylpolitik

■ Symbolischer Prozeß gegen EU und Efta-Staaten im Dezember in Berlin

Berlin (taz) – Fast alle politischen Kräfte haben den Prozeß gewollt, aber Verteidiger wollte niemand werden. Wenn vom 8. bis 12. Dezember in der Technischen Universität Berlin die EU- und Efta-Staaten wegen ihrer Asylpolitik vor dem Basso-Tribunal auf der Anklagebank sitzen, wird ein Pflichtverteidiger die Position der politisch Verantwortlichen rechtfertigen. Weder Parteipolitiker noch EU-Kommissionsmitglieder oder konservative Juristen seien zu überreden gewesen, sich dem quasijuristischen Forum, auf dem die Staaten angeklagt werden, Flüchtlingen ausreichenden Schutz zu verweigern und gegen völkerrechtliche Verträge zu verstoßen, zu stellen. Das erklärte Johannes Zerger vom Vorbereitungskomitee am Donnerstag in Berlin.

Das „Ständige Tribunal der Völker“ wurde 1979 von dem italienischen Sozialisten Lelio Basso als Nachfolger des Bertrand-Russell-Kriegsverbrecher-Tribunals gegründet. Zu den über 60 Mitgliedern gehören Juristen, Literaten, Künstler und Wissenschaftler aus allen Erdteilen. Verurteilt wurden in den vergangenen Hauptverhandlungen die Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen in Lateinamerika sowie die IWF- und Weltbankpolitik.

Vier Tage lang wird über die europäische Asylpolitik verhandelt. Länderberichte sowie Zeugenanhörung von Verfolgten soll es exemplarisch aus Deutschland, Frankreich, Spanien und der Schweiz geben. Anklagen wird die britische Rechtsanwältin Francis Webber. Als deutsche Experten treten unter anderem die Professoren Elmar Altvater und Oskar Negt auf. Am 12. Dezember wird eine Jury von Juristen, Philosophen und Schriftstellern (der deutsche Vertreter ist Günter Wallraff) aus zehn verschiedenen Ländern das Urteil fällen. Auch wenn klar sei, daß EU und Efta-Staaten verdonnert werden, stehe das Urteil nicht fest, erklärte das Vorbereitungskomitee, das von 80 internationalen Organisationen unterstützt wird. Jeannette Goddar

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