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Immer tiefer in die Trick- und Drohkiste

Der britische Premier hat die für heute geplante Parlamentsabstimmung über den EU-Finanzbeitrag mit der Vertrauensfrage verknüpft / Tory-Abgeordnete fürchten Neuwahlen doch sehr  ■ Von Ralf Sotscheck

Dublin (taz) – Der britische Premierminister John Major quält sich über die Runden, während das Zerwürfnis in seiner Partei immer tiefer wird. Gestritten wird über Europa, und das ist bei den Torys nichts Neues. Doch Major muß immer tiefer in die Kiste der Tricks und Drohungen greifen, um die rebellischen Hinterbänkler zur Räson zu bringen. Das wird wohl auch heute abend wieder funktionieren, wenn das Parlament in zweiter Lesung über den britischen Finanzbeitrag zur Europäischen Union abstimmt – ein Votum, das Major zur Vertrauensfrage erklärt hat. Doch der erwartete Sieg bedeutet noch lange nicht, daß ihm die Partei vertraut. Die Hinterbänkler wissen nur zu gut, daß bei Neuwahlen, die Major für den Fall seiner Niederlage angekündigt hat, mindestens Hundert von ihnen den Parlamentssitz einbüßen würden.

Und die Zeiten, in denen ehemalige Abgeordnete in der Wirtschaft unterkamen, sind vorbei. Ein Tory-Parlamentarier gab am Wochenende zu, daß ihn nicht die Drohung der Parteiführung, sondern die Absage einer Management-Vermittlungsfirma dazu bewogen habe, heute für Major und das EU-Finanzierungsgesetz zu stimmen. „Ich muß für meine Familie sorgen“, sagte er, „Parlamentswahlen kann ich mir nicht leisten.“

Außerdem werden die „Rebellen“ aus der Fraktion ausgeschlossen. Sie könnten dann auch nicht an einer eventuellen Wahl des Parteichefs teilnehmen. Doch es ist unwahrscheinlich, daß es zu dieser Wahl überhaupt kommen wird. Die Frist für die Nominierung eines Herausforderers läuft am Mittwoch ab. Nach dem Sturz von Margaret Thatcher hat man die Regeln geändert: Genügten damals zwei Stimmen, so müssen nun zehn Prozent der Fraktion, also 34 Abgeordnete, eine Nominierung unterstützen. Vor seinen eigenen Kabinettskollegen ist Major sicher, dafür hat er mit seinem „Selbstmordpakt“ gesorgt, wie es ein Minister nannte. Geht die Abstimmung heute verloren, muß das gesamte Kabinett zurücktreten – auch Michael Portillo und Peter Lilley, die dem rechten Flügel angehören und von den Eurogegnern als Kronprinzen gehandelt werden. Major hatte die beiden im vergangenen Jahr als „Bastarde“ bezeichnet, wie ein versehentlich eingeschaltetes Mikrofon dokumentierte.

Selbst wenn Major diese Woche übersteht, sind seine Sorgen nicht vorbei. Das EU-Finanzierungsgesetz geht dann in die Ausschüsse und kehrt im nächsten Jahr ins Unterhaus zurück. Außerdem will ihm die Labour Party am Wochenende eine Abstimmungsniederlage über die – auch innerhalb der Torys umstrittene – Mehrwertsteuer auf Heizöl beibringen.

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