Buntentor-Frauen: Keineswegs wegplaniert

■ Trotzig blasen die Buntentorfrauen zum Solifestival: „Wir brauchen ein neues Gelände...“

,,Buntentor Exil“ prangt auf dem WG-Klingelschild, ein Klebestreifen mit Kuli bemalt. Das Schild ist Programm – ewig wollen die Buntentorfrauen nicht in Wohnsilos versauern. Zwar ist Anja in gewisser Weise froh, zur Ruhe gekommen zu sein. ,,Die letzten zwei Jahre waren ja kein normales Leben, das macht niemand gerne. ,,Klar ist aber; daß der unrechtmäßige Abriß des Hauses am Buntentorsteinweg nicht nur in den Biographien der ehemaligen Bewohnerinnen ein Riesenloch hinterlassen hat: Keine Mehrzweckhalle für Konzerte und Seminare, keine Haifischbar als unkommerzeillen Kneipen- oder Filmraum. Die Metall- und die Fahrradwerkstatt sind Vergangenheit, Bildhauer- und Malerateliers sind nur noch Bauschutt – schwere Schläge für Bremens nicht eben verwöhnte Kunst-Szene.

Manche der externen Ex-Buntentornutzer konnten sich Ausweichquartiere besorgen. Zwar müssen nun die Agit-Pop-Veranstalter für ihre unkommerziellen monatliche Disco-Abende in der Grünenstraße mit weit weniger Platz auskommen – immerhin aber können sie überhaupt ihr Ziel, mit Tanzbarem Soli-Kohle ranzuschaffen, weiterverfolgen.

Die Projekte der ehemaligen Bewohnerinnen existieren dagegen zur Zeit nur in den Köpfen. Auf Nachfolger der Metall-Ameisen im Lagerhaus wird Bremen etwa noch warten müssen. ,,In der Wohnung kann ich nicht schweißen, ist ja klar,“ sagt Künstlerin Anja.

Aber individuelle Lösungen für einzelne Projekte suchen die Buntentorfrauen ohnehin nicht, auch wenn sich die Einzelne vielleicht sogar mit den Verhältnissen abfinden und sich anders arrangieren könnte. ,,Das läuft doch nur auf Vereinzelung hinaus, wenn sich die eine hier einen Raum sucht und die andere dort,“ sagt Susanne. „Und das ist nicht das, was wir wollen.“

Obwohl der Kristallisationspunkt der verschiedenen Aktiven nicht mehr da ist, lassen sich fünf und mehr Jahre gemeinsames Wohnen nicht wegplanieren Anja: „Daß was neues kommt, steht außer Frage. Das ist Konsens. Im Kern gab es uns seit Jahren, das ist nicht vorbei, nur weil das Haus plattgemacht wurde.“ Gerade deswegen ist es den Buntentorfrauen wichtig zu betonen, daß daß das Projekt nicht nur wegen der wöchentlichen Treffs ungebrochen weiter existiert, wenn auch zur Zeit primär; um politisch Druck zu machen; – Die Kunst selbst steht im Moment im Hintergrund -Ohne Ateliers bliebe eh nur Theorie und Konzeptarbeit.

Ohne daß die Kultur deswegen vergessen ist - nicht nur im Politischen hatte das Nebeneinander, der Austausch der verschiedenartigen Nutzerlnnen, den Reiz des Gesamtprojekts Buntentor ausgemacht:Schließlich entsprangen die Aktivitäten in der Neustadt einem ganz anderen

Kulturverständnis, einem, daß Politisches, Privatleben und Kunst einschließt, verbindet; das eine ist immanenter Bestandteil des anderen. „Durch so ein Zentrum war ja ein ganz anderer Austausch mit Künstlerinnen im Haus und von außen möglich.“, sagtSusanne, “Wenn wer irgendwo wohnt, und woanders hingeht, um Kunst zu machen, und in den dritten Laden der Politik halber; entwickelt sich

nichts. So bleiben alles isolierte Prozesse“Dagegen hatte sich das Buntentor als Ganzes erwiesen.

Also werden eifrig Ausweichmöglichkeiten gesucht, die man nach der illegalen Räumung selbstbewußt beim Senat ein fordern will. „Wir brauchen ein neues Gelände, da kommen wir nicht drumrum.“, sagt Anja, „Schließlich ist das mehr als die Theorie eines Lebensmodelles. Das sit ernst gemeint. Wir testen nicht boß mal eine andere Lebensform an. Das war unser Leben und wird es wieder sein.“ Ein greifbares Lebenszeichen: Das Solidaritätsfestival im Lagerhaus. Morgen mit den Experimental Gitarreros Patchinko Fake 44 X FS und Yellow Cake auf dem Programm, am Mittwoch lockt das Comic-Metaltrio Harmonizer und Hip-Hop - Kasperl F.A.B. Beginn jeweils 20.00.

Absoluter Tip: Die Premiere des Buntentorfilms am Mittwoch um 19.00 - sieben Jahre Geschichte und Schoten des Projektes.

Lars Reppesgard