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Arrogant

■ betr.: „Verbrennt die Akten“, Le serbrief von Hajo Seidel, taz vom 21. 11. 94

Na prima, er mußte ja jetzt kommen, der Ruf nach dem Freudenfeuer in der Gauck-Behörde, nur:

1. ist die Forderung nach Vernichtung der Stasi-Akten total naiv. Wir leben in einer Welt voller Ablichtungsgeräte, Mikrofilme, Computer... Da ich hundertprozentig überzeugt bin, daß die Akten längst auch schon anderweitig angespeichert sind, will ich jetzt wenigstens wissen, was andere über mich wissen. Ein Mißbrauch der Stasi-Akten wird durch deren Schließung keinesfalls verhindert; im Gegenteil, dessen Kontrolle sogar unnötigerweise eingeschränkt.

2. gibt es den Artikel 3 Grundgesetz: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Wer bisher trotz Antrags noch keine Einsicht in seine Akte nehmen durfte, muß sich fragen, weshalb er plötzlich ein Recht verweigert bekommen sollte, daß vor ihm andere zu Recht zugestanden bekommen haben. „Verbrennt die Akten“ – ein demokratiefeindlicher Satz.

3. seh ich nicht ein, daß schon wieder Fremde über „meine Akte“ bestimmen wollen. Lieber Hajo Seidel und Co., ich habe ja gar nichts dagegen, wenn Ihr Eure Akten verbrennen wollt. Bitte, wenn Ihr das wollt, setze ich mich sogar politisch dafür ein, daß Ihr das dürft. Nur, was mit meiner geschieht, will ich selbst entscheiden. Und, da das nicht uneingeschränkt möglich ist, wenigstens Einblick haben. [...]

4. geht es mir mittlerweile schon gar nicht mehr darum, was in der Akte steht. Allein die Tatsache, daß sie mir zugänglich bleibt beziehungsweise daß Leute auf die Idee kommen, mir doch noch willkürlich den Zugang zu derselben verwehren zu wollen, hat für mich sehr stark etwas mit meiner Würde zu tun. Das, lieber Hajo, scheinst Du nicht zu kapieren.

5. ist Offenheit der beste Schutz vor Mißbrauch, und statt der Schließung der Stasi-Akten sollte die Öffnung der BND-Geheimarchive gefordert werden.

In diesem Zusammenhang ist Herr Schorlemmer für mich keinesfalls weltklug, sondern nur wie Du, Hajo, und wie Heym – erschreckend arrogant. Michael Klim, Sonneborn

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