: Streit um Marktanteile
75 Jahre Hilton: Hilton International und Hilton Corporation, ehemals Mutter- und Tochtergesellschaft, zanken um Hoheitsgebiete ■ Von Ayhan Bakirdögen
Der legendäre Hotelkönig Conrad Hilton würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüßte, daß gerade im 75. Jubiläumsjahr zwei von ihm gegründete Hotelketten gegeneinander prozessieren. Die in London ansässige Hilton International verklagt die amerikanische Hilton Hotels Corporation auf 100 Millionen Mark Schadensersatz. Die Hilton Hotel Corporation betreibt zur Zeit etwa 230 Hotels in den USA, während die ehemalige Tochtergesellschaft Hilton International 150 Luxusherbergen in Übersee besitzt. 1967 verkaufte Conrad Hilton Hilton International an die Fluggesellschaft TWA, die die Hotels später an die englische Firma Ladbrocks übergab. Beide Unternehmen vereinbarten, daß Hilton International keine Hotels in den USA betreiben durfte. Im Gegenzug mußte sich die Hilton Hotel Corporation auf den US-Markt konzentrieren. Einige Jahre ging es gut. Dann fingen beide Ketten an, mit Tricks den Vertrag zu umgehen. 1980 eröffnete Hilton International unter dem Namen „Vista“ sein erstes Hotel in den USA. Drei Jahre später baute der US-Konzern unter dem Vornamen des Kettengründers seine erste Luxusherberge in Australien. Inzwischen besitzt die Conrad-Gruppe weitere sechs Hotels in anderen Ländern und verwendet den Untertitel „operated by Hilton Hotels“. Genau das aber will die Hilton International verhindern. Deshalb hat sie nun die Muttergesellschaft auf Schadensersatz verklagt.
Dabei hat alles so friedlich angefangen: 1919 erwarb Conrad Hilton sein erstes Hotel in der texanischen Ölstadt Cisco. Eigentlich wollte der 21jährige eine Bank kaufen, im letzten Moment hat er sich dann für ein Hotel entschieden. Zum Glück, denn von nun an ging es Schlag auf Schlag. In wenigen Jahren baute der ehemalige Farmer sein Imperium im ganzen Land auf. 1945 sorgte Hilton mit dem Kauf der beiden Chicagoer Hotels „The Palmer House“ und „The Stevens“ für Schlagzeilen. „The Stevens“ war damals das größte Hotel der Welt. Das 1871 gebaute „Palmer House“, das beim großen Brand von Chicago völlig zerstört und später prachtvoll rekonstruiert wurde, gehörte zu den elegantesten Hotels Amerikas. Damit hatte sich Hilton endgültig einen Platz unter den Hotel- Größen gesichert.
Vier Jahre später hat der Texaner seinen größten Coup gelandet. Er übernahm die Führung des New Yorker „Waldorf Astoria“, das man „die Mutter aller Hotels“ nannte. Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kunst gehörten zu den Stammgästen der neuen Luxusherberge. „Die schönste von allen“, wie Conrad Hilton sein Lieblingshotel bezeichnete, sollte den Prominenten dieser Welt alle Wünsche erfüllen. Der aus Berlin stammende Manager von „Waldorf Astoria“, Rene Balin, erinnert sich an ein prägendes Ereignis: „Unsere einzige Präsidenten- Suite war von einem weltbekannten Geschäftsmann belegt. Dann kündigte sich Königin Elizabeth an. Man konnte der Königin schlecht sagen: ,Sie wohnen in der zweiten Suite des Hauses.‘ Wir hatten genau drei Tage Bedenkzeit. Innerhalb dieser drei Tage gründeten wir die Royal-Suite. Damit war die ganze diplomatische Krise überwunden.“
Conrad Hilton setzte nun auch auf Expansion ins Ausland. Im Jahr 1949 gründete er die Tochtergesellschaft Hilton International und baute sein erstes Hotel in Puerto Rico. Weitere Hotels auf fast allen Kontinenten folgten. Hilton wurde zur erfogreichsten Hotelkette der Welt. 1967 verkaufte Conrad Hilton die Hilton International, um sein Geld auf den amerikanischen Markt zu konzentrieren und ins Casino-Geschäft einzusteigen.
Unabhängig von dem Prozeß der Tochtergesellschaft Hilton International geht die Expansion der Conrad-Gruppe weiter. Demnächst steht ein Hotel in Deutschland an. Voraussichtlicher Standort: Berlin.
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