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Multimediafon

■ Ein arte-Themenabend „Telefon“, Sonntag, ab 20.40 Uhr

In diesem Jahr hat es in den Vereinigten Staaten eine noch nie dagewesene Fusionswelle zwischen Telekommunikationsfirmen und Medienkonzernen gegeben. Der Grund: Die Hardware-Anbieter brauchen Programm-Software, denn nach einer Gesetzesänderung soll es in den USA möglich werden, daß die Kabelfernsehanbieter ins Telefongeschäft einsteigen. Umgekehrt wollen die Telefonfirmen demnächst über ihre Glasfaserkabel auch Fernsehprogramme in die Haushalte liefern. Ähnliches versucht auch arte am morgigen Sonntag: das Telefon über Kabelnetz in deutsche und französische Haushalte zu bringen – mit einem Themenabend unter dem Titel „Telefon – der Draht, an dem wir hängen“.

Das Thema ist zukunftsträchtig: Zwar wurde der Informations- Highway in den Vereinigten Staaten solange beschrien, daß er mittlerweile als „Informations-Hypeway“ verspottet wird. Trotzdem ist es unausweichlich, daß neue Formen der Telekommunikation zu neuen Methoden menschlicher Kommunikation führen werden: Immer mehr Computer werden über das Telefonnetz per e-mail miteinander verbunden; in Computerforen kommuniziert nicht mehr ein Teilnehmer mit einem anderen, sondern in einer virtuellen Gemeinschaft alle mit allen.

Umgekehrt metastasiert das ehemalige Massenmedium Fernsehen in Spartenkanäle mit immer kleineren Zielgruppen und bald in individuell abrufbare Video-on-demand-Angebote. Der Themenabend beschreibt, wie Telefon, Fax, Computer und Fernsehen sich miteinander zu dem Medium schlechthin vernetzen.

Der Kurzfilm „Hallo! Hallo! 33 Momente am Telefon“ (um 21.05 Uhr) läßt die User zu Wort kommen. Eduard Erne, der die Mischung aus Dokumentation und Inszenierung nach einer Idee von Stephan Fehl und Christoph Potting realisiert hat, läßt notorische Telefonbenutzer über ihr Verhältnis zum Fernsehsprecher berichten: Ein Geschäftsmann erklärt Benimmregeln für den Mobilfunk. Ein Hobbyphilosoph entlarvt den Telefonhörer als „phallisch“ („the way people hold their phones tells you a lot about their sexuality“). Und eine Mitarbeiterin der Telefonseelsorge berichtet, daß man am Telefon nicht immer reden muß; mit einem der trostsuchenden Anrufer habe sie einmal eine halbe Stunde geschwiegen, damit der sich nicht mehr so allein fühlte.

Nach „Mein liebes Telefon“, einem Kurzfilm von Peter Greenaway, geht es dann um die Zukunft der Telekommunikation. Der Dokumentarfilm „Schneller als die Sonne“ (21.50 Uhr) zeigt, wohin sich die verschiedenen Telekommunikationsmittel entwickeln.

Anschließend der Film „Schlingen im Netz“ von Lynn Hershmann (22.15 Uhr). Die amerikanische Videokünstlerin, die schon Ende der siebziger Jahre mit interaktiven Medien experimentiert hat, erzählt die Geschichte der Telekommunikation mit den Mitteln der Telekommunikation: Die Dokumentarfilmerin Michelle recherchiert für einen Film über die Geschichte des Telefons mit ihrem PC im Computernetzwerk Internet. So wie Lewis Carrols Alice durch den Spiegel ins Wunderland steigt, so gelangt sie durch die Mattscheibe ihres Rechners in die seltsame Welt der Cyberspace, in dem die Zeit aufgehoben ist und Gegenwart und Zukunft eins sind.

Zum Abschluß zeigt arte einen frühen Tonfilm, in dem das Telefon die Hauptrolle spielt: In „Hallo! Hallo! Hier spricht Berlin!“ von 1931 verlieben sich ein Telefonist und eine Telefonistin in Berlin und Paris fernmündlich ineinander. Da es in den frühen dreißiger Jahren noch sehr schwer war, Filme zu synchronisieren, wurden Versionen in verschiedenen Sprachen gedreht. Um sich diese Arbeit zu ersparen, inszenierte Julien Duvivier eine Geschichte, die komplett zweisprachig erzählt wurde. Das Ziel: Abbau der Sprachbarrieren zwischen den „Erbfeinden“ Deutschland und Frankreich. Für so etwas, so haben wir früher am Abend gelernt, gibt es heutzutage freilich computerisierte Telefonübersetzungsprogramme... Tilman Baumgärtel

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