piwik no script img

"Wir schonen unsere Umwelt"

■ Bio-Kaffee ist besser für die Gesundheit von Verbrauchern und Landarbeitern

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich etwa 30.000 Menschen in der Dritten Welt durch den Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft. Zudem erkranken etwa eine Million Landarbeiter meist dauerhaft, wenn sie die Chemikalien einatmen oder das damit verseuchte Wasser trinken.

Der Schutz der Arbeiter war vor 20 Jahren das Hauptmotiv, mit dem Anbau und Verkauf von Bio- Kaffee zu beginnen. Nach Deutschland kommen die Schadstoffe aus dem konventionellen Anbau nur noch in geringen Mengen. Das Gift bleibt im Fruchtfleisch der Kaffeekirsche und damit im Ursprungsland, Reste im Kern, der späteren Kaffeebohne, werden beim Rösten zersetzt.

Für die Erzeugerländer hat der ökologische Anbau auch ökonomische Vorteile: Die chemische Keule wird durch Arbeitskraft ersetzt. Die Arbeitslosigkeit auf dem Lande wird vermindert, und die Agrochemikalien müssen nicht mittels wertvoller Devisen im Ausland gekauft werden.

Im konventionellen Anbau wird das belastete Fruchtfleisch in der Naßaufarbeitung unter hohem Wasserverbrauch vom Kern getrennt und verfault dann in Flüssen und Seen. Das Wasser wird ungenießbar, Mücken werden angezogen und bringen ansteckende Krankheiten.

Beim Bioanbau hingegen wird das Fruchtfleisch zu Dünger kompostiert, der zudem sparsam verwendet werden kann, weil die Kaffeesträucher in größeren Abständen voneinander gepflanzt werden. Unter den Sträuchern gedeihen Tomaten und Bohnen, denen der Kaffee Schatten spendet. Hohe Bananen- und Orangenbäume wiederum schützen die Kaffeebüsche vor der brennenden Sonne. So bleiben die Pflanzen gesund, und die oftmals steilen Hänge der Kaffeeplantagen werden durch die dichte Bepflanzung vor Erosion geschützt.

Allerdings wird bislang nur ein Bruchteil des Kaffees solcherart ökologisch angebaut. In vielen Anbaugebieten herrscht noch die Idee von der „grünen Revolution“: Mit viel Chemie soll möglichst schnell ein maximaler Ertrag erzielt werden. In Mexiko werden Chemikalien für die Landwirtschaft gar staatlich subventioniert und auch hat die Chemie-Industrie in der nördlichen Hemisphäre mischt kräftig mit: Nicht nur das weltweit zweitgröte Unternehmen „Hoechst-Schering Agro Evo“ sieht in Übersee eine Chance, den sonst schrumpfenden Umsatz zu kompensieren.

Nach Auskunft des Deutschen Kaffeeverbandes liegt der hiesige Marktanteil des Bio-Kaffees bei unter 0,1 Prozent. Einer der Hauptgründe für diese geringe Menge dürfte vor allem der vergleichsweise hohe Preis sein, denn die meisten Abnehmer zahlen den Produzenten auf Grundlage eines „Fairen Handels“ höhere Preise als auf dem Weltmarkt üblich.

Hinter dem Produktkonzept steht eine klare Entscheidung: „Im Bewußtsein der politischen Zusammenhänge und unserer persönlichen Situationen als Landarbeiter haben wir uns entschieden, Kaffee biologisch anzubauen“, erzählt Mario Marvin Rivas Castillo, Vorsitzender der nicaraguanischen Bio-Kaffee-Kooperativen bei einem Besuch in Berlin. „Wir schonen unsere Gesundheit, bewahren unsere Umwelt und können noch Nahrungsmittel für uns selber anbauen.“

In Deutschland geben unter anderem „Ökotopia“ (Berlin) und „El Rojito“ (Hamburg) den Nicaraguanern für ihren Kaffee eine Abnahmegarantie und ermöglichten so die Umstellung der Plantagen in dem mittelamerikanischen Land, wo er auch ein in der EU anerkanntes Bio-Siegel bekommt.

Seit geraumer Zeit gibt es an fast allen deutschen Universitäten Initiativen, die sich für den Ausschank von Bio-Kaffee aus fairem Handel in den Mensen einsetzen. Umfragen und Probeläufe ergaben, daß die Akzeptanz bei den Studenten groß ist. Doch wird an den Unis auch gebremst: Studentenwerke verweisen darauf, fairer Handel und Bioanbau seien keine Qualitätskriterien und rechtfertigten keinen höheren Preis. Ulrich Brandstetter-Madiedo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen