Matsushita kommt nach Esslingen

■ Die Globalstrategie des größten Elektronikmultis der Welt rettet wahrscheinlich 1.300 Arbeitsplätze in Deutschland

Tokio (taz) – Wir kaufen das Werk, weil wir es für gut halten“, sagte gestern in Osaka Setsuo Mizoguchi, ein Sprecher der künftigen Fabrikherren. Darauf können in Esslingen bei Stuttgart mehrere hundert Arbeiter und Arbeiterinnen anstoßen, die ihren schon verlorenen Arbeitsplatz bald zurückerhalten werden. Denn das Engagement der größten Unterhaltungselektronikkonzerns der Welt, Matsushita, für das zum Monatsende schließende Esslinger Bildröhrenwerk des finnischen Computerherstellers Nokia scheint perfekt. „Wir sind noch nicht sicher, aber die Zahl der erhaltbaren Arbeitsplätze sollte etwa bei 1.300 liegen“, verspricht der japanische Firmensprecher.

Nokia zählte in Esslingen zuletzt 1.850 Beschäftigte. Im Juni hatte man die Werksschließung beschlossen, nachdem sich keine Käufer gefunden hatten. Erst am vergangenen Mittwoch konnten Nokia und Matsushita eine Absichtserklärung über die Fabrikübernahme unterzeichnen. Matsushitas Pläne sind klar: „Wir wollen ab April nächsten Jahres in Esslingen jährlich zwei Millionen Bildröhren herstellen.“ Damit wäre die volle Kapazität der Fabrik genutzt, die in diesem Jahr nur zu 70 Prozent ausgelastet war. 700.000 Fernseher pro Jahr stellt Matsushita unter dem Namen Panasonic schon jetzt in Europa her. Nur hatte bisher Philipps dafür die meisten Bildröhren geliefert. Das will man nun selber tun, der Konzentrationsprozeß der Branche beschleunigt sich: Während Nokia die Bildröhrenproduktion nun ganz aufgibt, schließt Matsushita in Esslingen die europäische Lücke in seinem weltweiten Produktionsnetz.

In den Vereinigten Staaten, China, Malaysia und natürlich in Japan verfügt Matsushita bereits über Bildröhrenwerke mit einer Gesamtproduktion von jährlich 13 Millionen Stück. Matsushitas Produktivität wird in Esslingen noch bescheiden sein. In dem 1988 errichteten US-Werk produzieren nur 700 Matsushita-Angestellte jährlich 2,4 Millionen mittlere und große Bildröhren. Nur die bessere Qualität der deutschen Röhren rechtfertigt derzeit noch die höheren Arbeitskosten.

Aber auch in Esslingen wird ein japanisches Management einziehen. In Amerika hat es sich bewährt, einen japanischen Werkschef zu bestellen, der dann noch ein Dutzend technische Experten aus Japan mitbringt. Mit ihnen kehrt ein Wissen zurück, das einst von Deutschland ausging: Auf japanisch heißt die Fernsehröhre noch „buraunkan“ benannt nach ihrem hierzulande fast vergessenen deutschen Erfinder Ferdinand Braun. Georg Blume