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Bekannter Journalist in Algerien ermordet

■ Chefredakteur der Zeitung „Le Matin“ erlag seinen Verletzungen

Berlin/Algier/Paris (AFP/dpa/ taz) – Am Donnerstag wird bei einer Veranstaltung im Berliner Haus der Kulturen der Welt ein Stuhl leer bleiben. Das „Internationale Komitee zur Unterstützung der algerischen Intellektuellen“ (Cisia) hat an diesem Abend zu einer Podiumsdikussion mit dem Titel „Perspektiven des Dialogs in Algerien“ mit Befürwortern und Gegnern desselben geladen. Said Mekbal, Chefredakteur der algerischen Zeitung Le Matin und einer der geladenen Gäste, erlag gestern in einem Militärkrankenhaus von Algier den Verletzungen, die er am Samstag bei einem Attentat erlitten hatte, ohne aus dem Koma noch einmal zu erwachen. Seine Mörder hatten ihm am Samstag nachmittag in einem Restaurant nahe der Zeitungsredaktion im Stadtteil Hussein Dey von Algier aufgelauert. Nachdem er in Begleitung einer Kollegin Platz genommen hatte, schossen ihm die beiden Attentäter zwei Kugeln in den Kopf. Die Täter konnten offenbar entkommen. Der Journalist, der in der Samstagsausgabe seiner Zeitung noch eine Kolumne über die Drohungen radikaler Islamisten gegen die Presse veröffentlicht hatte, war zuvor bereits zwei Attentatversuchen entgangen. Wie viele seiner Kollegen führte er einen beständigen Kampf mit der Angst, seitdem radikale Islamisten in Moscheen des Landes Listen mit den Namen der von ihnen zum Tode „verurteilten“ Intellektuellen angeschlagen hatten. Mekbal war auch Generalsekretär des Verbandes algerischer Chefredakteure.

Mekbal ist der sechsundzwanzigste algerische Journalist, der seit Mai 1993 vermutlich von radikalen Islamisten getötet wurde. Die „Islamische Armee des Heils“, der bewaffnete Arm der verbotenen Islamischen Heilsfront (FIS), hatte im vergangenen August eine „letzte Warnung“ an die Journalisten gerichtet, denen sie vorwarf, auf der Seite des Regimes zu stehen. Zu einem Großteil der Anschläge hat sich bisher die mit der FIS konkurrierende „Islamische Bewaffnete Gruppe“ (GIA) bekannt. Am Wochenende wurde in Algerien auch wieder ein Ausländer ermordet: Ein französischer pensionierter Mathematiklehrer wurde in seiner Wohnung in Ain el Türk erstochen. Die Polizei geht in diesem Falle allerdings nicht von einem politischen Hintergrund aus, sondern nimmt an, daß der Mann von Einbrechern umgebracht wurde.

In Paris und in anderen französischen Städten fanden am Samstag Solidaritätskundgebungen für die algerische Bevölkerung und ein demokratisches Algerien statt. Unter dem Motto „Notfall Algerien“ marschierten allein in Paris rund zehntausend Menschen durch die Straßen.

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