März hat zu viel Bier geschluckt

■ Außerordentliche Hauptversammlung beim bayerischen Nahrungsmittelkonzern / Verkäufe sollen Bilanz bereinigen

München (dpa/Reuter/taz) – Die Rosenheimer Familie März hat zu gierig ein Unternehmen nach dem nächsten geschluckt. Jetzt zerbricht das mit Bankenhilfe zusammengekaufte Imperium. Unternehmens- und Grundstücksverkäufe sollen den tief in die Verlustzone geratenen Bier- und Nahrungsmittelkonzern retten. Der Verkauf der Bavaria-St. Pauli an die Brau und Brunnen AG (BuB) bringt allein etwa 400 Millionen Mark in die Kasse.

Die Familie verzichtet auf Rückzahlung eines 230-Millionen- Mark-Darlehens und will noch einmal Geld aus ihrem Privatvermögen nachschießen. Auch die – leider weniger betuchten – Arbeitnehmer müßten ihren Beitrag für die verfehlte Geschäftspolitik leisten, verlangte Vorstandschef Andreas März gestern auf einer außerordentlichen Hauptversammlung. Auf verkleinerter Basis soll der Konzern mit rund 1,87 Milliarden Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr wieder gesunden.

Nicht restlos zerstreuen ließen sich Spekulationen über einen neuen Großaktionär. Wie Andreas März sagte, gibt es keinen Interessenten. Auffällig war aber, daß nur knapp 80 Prozent des Kapitals auf der Hauptversammlung anwesend war, während der März- Familienanteil bisher mit gut 90 Prozent beziffert wurde. Noch am Wochenende hieß es, daß ein Investor vor allem Interesse am Immobilienvermögen der Gruppe habe.

Der aus einem 1906 erworbenen Milchgeschäft aufgebaute März- Konzern war zunächst im Handel mit Molkereiprodukten und dem Vieh- und Fleischgeschäft tätig. Vor allem der 1988 gestorbene Franz-Josef-Strauß-Intimus Josef März baute den Konzern zu einem internationalen Unternehmen aus. 1971 wurde eine Fleisch-Tochter in Togo gegründet. 1974 erfolgte der erste Erwerb einer Brauerei – ebenfalls in Togo. Von 1979 an wurden in Deutschland systematisch Bierhersteller übernommen, so daß die März-Gruppe hinter der Oetker-Biergruppe und vor der BuB auf Platz zwei der deutschen Bierbrauerzunft landete.

Beflügelt durch die deutsche Einheit und den Börsengang 1991 forcierte März das Wachstumstempo. Die Bankverbindlichkeiten stiegen von 613 Millionen Mark 1991/92 auf 1,1 Milliarden Mark in 1992/93. Aber weil immer weniger Gerstensaft getrunken und das Lager der Vegetarier immer größer wird, kam die März- Gruppe bald in Bedrängnis. aje