: Neue Segel, alter Wind
■ Bundesligist Schalke 04 verordnete sich eine neue Satzung
Berlin (taz) – Die alte Menschheitsfrage, ob es besser ist, wenn ein Karren von möglichst vielen Deppen in den Dreck gefahren wird oder lieber von wenigen, harrt noch immer ihrer endgültigen Klärung. In der Fußball-Bundesliga wurde bislang die erste Variante bevorzugt, das soll künftig anders werden. Der Deutsche Fußballbund (DFB) möchte, daß die Vereine künftig nach dem Muster von Kapitalgesellschaften organisiert werden, den Vorreiter spielte jetzt Schalke 04. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung entmachteten sich die Schalker Vereinsmitglieder, die in der Vergangenheit für so viel Spaß im deutschen Fußball gesorgt hatten, in der Gelsenkirchener Emscher- Lippe-Halle selbst und verabschiedeten mit 946 von 1.224 Stimmen eine neue Satzung, die die Wahl eines Aufsichtsrates vorsieht, der einen drei- bis fünfköpfigen Vorstand bestellt.
„Wir vom amtierenden Vorstand sind der klassische Beweis dafür, wie ein Klub ins Chaos geraten kann, wenn keine Kontinuität gewahrt wird“, sagte Vizepräsident Jürgen Wennekers in weiser Selbsterkenntnis, drum trat er ebenso wie Präsident Helmut Kremers, der wegen defekter Bandscheibe fehlte, und Schatzmeister Hans Kleine-Büning zurück.
Auf Unmut bei den Mitgliedern stieß die Tatsache, daß auch nach der Satzungsreform dieselben Leute das Sagen haben, die zuvor maßgeblich an der Chaotisierung beteiligt waren. Dies betrifft vor allem den Verwaltungsrats-Vorsitzenden Jürgen Möllemann, der dem vorläufigen Aufsichtsrat angehört, während der umstrittene Manager Rudi Assauer, einer der Betreiber der neuen Struktur, in den Vorstand rutscht.
Der neue Aufsichtsrat, der bis zur Mitgliederversammlung im September nächsten Jahres amtieren soll und aus den acht Angehörigen des Verwaltungsrates sowie dem zurückgetretenen Präsidium besteht, will bis Weihnachten den neuen Vorstand einsetzen. Wunschkandidat für das Amt des Vorstandsvorsitzenden ist der Gelsenkirchener Bürgermeister Gerd Rehberg (58), der sich „zu 80 Prozent“ entschieden hat, den Job zu übernehmen. Der ehemalige Bergmann will unter anderem den Neubau des geplanten Luxusstadions vorantreiben. „Die Verhandlungen zwischen Stadt, Verein und den Investoren müssen zügig wieder aufgenommen werden“, verlangt Rehberg. Matti
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen