: Dann lieber allein am Teich sitzen
■ betr.: „Individuelle Freiheit und Gemeinsinn“, (Begrenzte Aner kennung oder: Warum sind Solida ritäten nur beschränkt politikfä hig), taz vom 2.12.94
[...] Herr Evers hat in der hohen Schule der akademischen Elaboration die Gründe dafür sehr schön aufgezeigt, warum Männer keineswegs vorhaben können, durch tätige Solidarität einen alltäglichen Gemeinsinn in ihrem Lebensplan nachzuvollziehen. Diese ist nämlich nur „beschränkt politikfähig“ – mangelt also an öffentlicher Anerkennung.
Warum ich Evers' Aufsatz nur an Männer adressiert verstehe? Na ja: „Schließlich galt und gilt es ja als Tugend eines liberalen Gemeinwesens, den Bürger nicht allzu sehr zu beanspruchen und Pflichten tunlichst aufs Steuerzahlen und den Wehrdienst zu begrenzen“. (Evers) Da sonst nirgends von Bürgerinnen die Rede ist, sind wohl allein die Männer gemeint. Von Frauen kann auch schlecht behauptet werden, daß ein Gemeinwesen – eagl ob liberal, kommunitär oder sonstwie – sie nicht „allzu sehr beansprucht“ oder die „Pflichten auf den Wehrdienst“ beschränkt.
Es erübrigte sich wohl, die Positionen der Frauen aufzuzeigen – denn die Männer sind das Problem beziehungsweise die Beschränkung ihrer Bürgerpflichten auf Steuerzahlen und Kriegspielen. Die alten Damen am Teich – Euer Bildkommentar zum Text läßt nicht gerade Durchblick vermuten – sitzen ja gerade deshalb allein, weil ihre Männer entweder im Krieg umkamen oder durch ihre „Individualisierung als Zurichtung“ in ihren einseitigen Leistungen für Wirtschaft und Staat – ganz zu schweigen von ihrer Rolle als Familienernäher – invalide oder schlicht unerträglich geworden sind. Dann lieber doch allein am Teich sitzen. Jacqueline Crawford, Sozialwissenschaftliche Forschung und Praxis für Frauen e.V., Köln
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