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Fastenzeit

■ betr.: „Gysis Fasten rührt das Finanzamt nicht“ u.a., taz vom 2.12.94

Die PDS macht Fortschritte in ihrer menschenfreundlichen Politik. Beschränkte man sich bis jetzt darauf, alle phsysisch und psychisch zu zerstören, deren Horizont größer als das eigene Brett vor dem Kopf ist, hat der Vorstand nun endlich angefangen, eigene körperliche Konsequenzen zu ziehen; besonders vorbildlich ihr Vorsitzender Lothar Bisky, falls er tatsächlich während des Hungerstreiks raucht. Statt dem positiven Beispiel der PDS zu folgen, versuchen die anderen Parteien die PDS an Menschenfeindlichkeit noch zu übertreffen (Forderung nach Zwangsernährung), und das kurz vor Weihnachten. Oder ist der Hungerstreik nur die originelle Variante zu den Alkoholexzessen in den Vorständen der anderen Parteien und den linken und rechten Stammtischen. Wenn die WählerInnen jetzt noch beginnen würden, ihre eigenen restlichen Sinne selbst zu benutzen, würde ich wieder Licht am Horizont sehen. Friedhelm Sroke, Berlin

Die PDS setzt Meilensteine auf dem Weg der Suche nach neuen Formen der politischen Auseinandersetzung und des Widerstehens.

Mein Freund ist der Vorsitzende einer in ganz Berlin bekannten literarischen Gesellschaft. Deren Mittel aus dem Senatsbereich wurden in diesem Jahr von Herrn Roloff-Momin um satte 40 Prozent gekürzt. Mein Freund hat sich an die Presse gewandt, an die Mitglieder, an den Senator selbst und dessen Referatsleiter, an die kulturpolitischen Sprecher der Fraktionen des Abgeordnetenhauses. Es gab kaum eine Resonanz in der Öffentlichkeit, geschweige eine auch nur teilweise Rücknahme der Kürzungen.

Mein Freund ist etwas rundlich geworden. Bevor er sich neue Sachen kauft oder in der Gunst der Frauen sinkt, macht er eine Fastenkur.

Oh, dieser Verschwender! Da hungert er ganz privat, wo er es doch zugunsten des Vereins tun könnte. Ein weiteres Vorstandsmitglied ist ebenfalls ziemlich beleibt. Was für phantastische Hungerhappenings hätte das im Literaturhaus in der Fasanenstraße oder gar in der Volksbühne geben können, literarisch umrankt von Vereinsmitgliedern und sympathisierenden Dichtern. Das wäre Öffentlichkeitsarbeit von Format, und der Vorstand wäre gleichzeitig überflüssige Pfunde losgeworden. Matthias Vernaldi, Hartroda

Bei all Euren Artikeln der letzten Tage zu diesem Thema ist mir beklommen zumute. Was für ein Sturm der Entrüstung wäre losgebrochen, wenn es nicht gerade die PDS wäre, die auf diese Weise geschröpft werden soll. Mal von der Stimmung der Berichterstattung ausgegangen, scheint selbst die RAF mehr Sympathien bei Euch oder Euren Artikelschreibern zu haben. Wo bleibt da die politische Fairneß? [...]

Was ist denn bisher für die oft beschworenen „gemeinnützigen Zwecke“ konkret getan worden aus dem Millionennachlaß der ehemaligen SED? Daß ausgerechnet Herr Pieroth sich moralisch ermächtigt sieht, die Rechtmäßigkeit der doch offensichtlich völlig unverhältnismäßigen Steuerforderung zu begründen! Keiner anderen Partei ist ähnliches je widerfahren im Steuer- und Korruptionssumpf der Altbundesrepublik, Steuersünder der Großindustrie wurden schon immer mit Samthandschuhen angefaßt. Aber dieser mißliebigen Partei soll nun, nachdem sie wider alle Hoffnungen doch in den 13. Bundestag eingezogen ist, wenn es schon politisch nicht geht, auf diesem unsportlichen Wege der Garaus gemacht werden. [...] Wolfram Roger, Bremen

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