■ Lesetip: Schön, gesund & ewiger Leben
Eine schwierige Technologie, die komplexe Probleme nach sich zieht, muß nicht zwingend in dicken, langweiligen Büchern verhandelt werden. Das beweisen Florianne Koechlin, bekannte Schweizer Gentech-Kritikerin, und Thomas Dinner (verantwortlich für die Gestaltung) in „Schön, gesund & ewiger leben“. In dem großformatigen augenfreundlichen Band wird versucht, Gentechnologie von außen zu betrachten, wissenschaftliche Diskussionen um die Gefährlichkeit beispielsweise von Freisetzungen zu vermeiden, um vielmehr grundsätzlich zu sehen, was Gentechnologie mit unserem Leben macht und wie sie unsere Sicht auf die Welt verändert. Gentechnologie wird als „kulturelles Phämonen“ untersucht, gefragt wird, inwieweit diese Technologie unsere Kultur bereits verändert hat und wo Veränderungen abzusehen sind.
Zentral hierfür ist der Vergleich der kulturellen Revolution, die die Gentechnik uns aufzwingt, mit jener, die die Atomenergie uns aufgezwungen hat. Atom- und Zellkern zu vergleichen ist berechtigt, beide Male versprach beziehungsweise verspricht die Naturwissenschaft, gravierende „Menschheitsprobleme“ mit den Angriffen auf Kerne zu lösen. Welche Probleme mit dem Angriff auf den Atomkern für uns entstanden sind, wissen wir, welche Probleme uns mit dem Angriff auf den Zellkern entstehen, ist noch nicht abzusehen. In beiden Fällen jedoch ändert(e) sich unser Weltbild und die Grundlage unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens.
Zwei für die Gentechnologie zentrale Annahmen werden von der Autorin als Irrtümer entlarvt, da sie einer holistischen Sicht auf Mensch und Welt die einseitige Positivbewertung mechanistischen Funktionierens vorziehen: Zum einen ist das Gen nicht der von den Gentechnologen behauptete archimedische Punkt, von dem aus sich alles erklären, verstehen und verändern ließe. Allenfalls tragfähig sind epigenetische Konzepte, die davon ausgehen, daß alles mit allen zusammenhängt.
Zum anderen ist die Behauptung der Molekularbiologie, die grundlegende Weltwissenschaft zu sein, eine dogmatische Behauptung und hat mit der Wahrheit, wie letztlich alle Dogmen, herzlich wenig zu tun.
Diese beiden irrtümlichen Behauptungen führen letztlich zu einer verhängnisvollen Verwechslung von Biologie und Schicksal.
Entscheidender Vorteil des Buches sind die Bilder, weil sie einem klarmachen können, worum es sich handelt, wenn zum Beispiel von genmanipulierten Tieren die Rede ist, und was es bedeutet, wenn Ökologen den Schutz der Sorten- und Artenvielfalt einfordern.
Florianne Koechlin spricht in ihrem Bilder- und Geschichtenbuch eine Menge problematischer Aspekte an dieser „neuen Technologie“ an, ohne allzusehr in Details zu geraten, die die Lektüre für Nicht-Fachfrauen und -männer langatmig und anstrengend machen würden. So gelingt ihr im positiven Sinn ein Rundumschlag; klar wird, an wie vielen Ecken es bereits brennt.
So eignet sich dieses Buch als Einstiegslektüre für diejenigen, die keine Lust haben, unglaublich trockene Bleiwüsten zu durchstreifen auf der Suche nach Antworten auf ihre Fragen. Alexandra Seitz
Florianne Koechlin, Thomas Dinner (Gestaltung): „Schön, gesund & ewiger leben. Bilder und Geschichten zur perfekten neuen Welt der Gentechnologie“. WoZ im Rotpunktverlag, Zürich, 1994, ISBN 3-85869-159-3, ca. 50 Mark.
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