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„...daß dieser Mann so ist, wie er ist“

■ Gerhart Baum, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP, über Kinkel und seine Partei

taz: Herr Baum, ein Parteitag der sich hauptsächlich mit einem drohenden und gerade noch abgewendeten Rücktritt des Vorsitzenden beschäftigt, ist nicht gerade das Signal des Aufbruchs, das von Gera ausgehen sollte.

Gerhart Baum:Es gab Signale, aber nicht genügend.

Der Vorsitzende Klaus Kinkel hat allerdings die Unterstützung, die er in der Partei genießt, fatal überschätzt.

Die Delegierten haben etwas von ihm erwartet. Die Lage war die schwierigste, die man sich für einen Vorsitzenden vorstellen kann. An ihm hat sich alles festgemacht, was mindestens in gleichem Grade auch andere treffen müßte. Deshalb war es ungerecht, die ganze Kritik auf Kinkel zu fokussieren...

...der ganze Vorstand hätte zurücktreten müssen.

Das hätte ich nicht für richtig angesehen. Diese Frage stellt sich erst beim Parteitag in Juni, da steht der ganze Vorstand zur Wiederwahl.

Zwei Drittel der Delegierten haben Kinkel das Vertrauen ausgesprochen, das sind weit weniger Stimmen als bei seiner Wahl zum Vorsitzenden. Reicht das, um die Partei weiterhin zu führen?

Ich glaube schon, denn es war ein ehrliches Ergebnis. Es wäre schlimmer gewesen, wenn viele aus Opportunität gesagt hätten, wir wählen ihn, weil wir keine Alternative haben.

Dieser Eindruck drängt sich auf...

Es war aber auch die Einsicht, daß dieser Mann so ist, wie er ist, und auf seine Art der Partei eine gewisse Stabilität gegeben hat. Es wäre eine sehr unwürdige Situation entstanden, wenn er das Handtuch geschmissen hätte.

Aber er ist mit diesem Ergebnis angeschlagen.

Das muß nicht sein. Ich habe in den letzten vierzig Jahren Vorsitzende erlebt, die ganz andere Krisen durchgestanden haben.

Ihr Vorstandskollege Ignatz Bubis sprach von Kräften in der Partei, die die FDP am liebsten auflösen wollen.

Das war eine überraschende Bemerkung. Ich kenne diese Kräfte nicht. Ich kenne nur Kräfte, die eigentlich nicht in die Partei gehören. Das sind die Kräfte, die von Rechtsaußen in die Berliner FDP eintreten.

Neun verlorene Wahlen, diverse Rücktritte von Landesvorsitzenden und im Bundesvorstand, jetzt noch ein angezählter Parteivorsitzender. Was sollen für einen Wähler die Gründe sein, bei den anstehenden Wahlen in Hessen und Nordrhein-Westfalen der FDP seine Stimme zu geben?

Es ist notwendig, die Unverwechselbarkeit einer liberalen Partei deutlich zu machen. Deren Aufgabe besteht darin, ein liberales Lebensgefühl in den verschiedenen Politikfeldern zu vertreten. Wir haben die einmalige Kombination eines Freiheitsbewußtseins in der Wirtschaftspolitik und auf dem Felde der Bürgerrechte. In dieser Kombination ist die FDP ohne Alternative.

Der Parteitag hat nicht gerade den Eindruck einer programmatischen Einheitlichkeit vermittelt.

Es muß jetzt offen und ehrlich gestritten werden über den Weg, und dann wird man sehen, wohin der führt.

Wenn die nächsten beiden Wahlen auch verloren gehen, wird dann der Vorsitzende weiterhin Klaus Kinkel heißen?

Ich stelle jetzt überhaupt keine Überlegung darüber an. Interview: Dieter Rulff

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