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„Schock ist immer gut“

■ Im Gespräch: Herr Seelenlos und Herr Ärger, die Macher der umstrittenen Brutalo-Satire „Blutgeil“, weilten in Bremen/ „Der Richter war selbst sehr belustigt“

Vor gnickerndem bis johlenden Publikum zeigten die Zürcher Filmemacher/Autoren/Musiker Ärger und Seelenlos im Bremer Kulturzentrum Lagerhaus ihr Amateur-Video „Blutgeil – Zurich Cop Eaters“, das in der Schweiz als „Video-Film der perversesten Art“ verboten wurde. Inzwischen sind juristische Schritte gegen die beiden eingeleitet. Die taz führte mit den beiden Beklagten ein kurzes Gespräch über das Töten.

taz: Ihr seid angeklagt wegen Gewaltdarstellung und Körperverletzung...

Seelenlos: Nein, das ist nur noch Gewaltdarstellung. Das mit der Körperverletzung hatten die uns nachträglich zugeschrieben, weil bei einer Demo jemand von einem Stein verletzt wurde. In unserem Film gibt es auch einen Stein, also dachten die wie selbstverständlich, der bei der Demo käme aus unseren Reihen. Das war aber nicht haltbar.

Wie verlief denn euer Prozeß im November?

Ärger: Der Richter war selbst sehr belustigt wegen des massiven Polizeiaufgebots, das man für nötig hielt, obwohl alles ganz ruhig und gelassen abging. War schon ein komisches Gefühl, so eingekreist im Auge des Zyklons zu stehen.

Seelenlos: Vielleicht war der Richter ja auch ein Freund der Realsatire, die da ablief. Wir bekommen unser Urteil demnächst per Post zugestellt; das ist so üblich in der Schweiz. Das könnte auf vier Monate Haft hinauslaufen, die auf Bewährung ausgesetzt wird...

Ärger: ...was auf eine Art Berufsverbot hinausläuft, weil wir in den Knast kommen, wenn wir in dieser Zeit wieder einen angeblich menschenverachtenden Film machen sollten.

Wolltet ihr die Leute so schockieren?

Ärger: Eigentlich finden wir es auch bei den Büchern und der Musik, die wir machen, immer gut, wenn die Leute so schockiert sind, daß sie aus der Haut fahren, weil sie dann ungebundener sind. Oberflächlichkeit wollen wir nicht. Aber die Reaktionen auf den Film waren überhaupt nicht mehr rational.

Fragen: Andreas Neuenkirchen

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