: Rechte Kampfansage gegen Linksliberale
■ Bezirksverband Tempelhof will Landeschefin Carola von Braun bestrafen lassen / Der Parteikampf ist voll entbrannt
Bei der FDP fliegen die Fetzen. Nachdem die ehemalige Landesvorsitzende Carola von Braun und der Abgeordnete Michael Tolksdorf vergangene Woche vor einer Unterwanderung durch Rechtsextremisten gewarnt haben, folgt nun der Rachefeldzug ihrer innerparteilichen Gegner. Der Bezirksverband Tempelhof beantragte gestern beim Landesschiedsgericht die Einleitung von Ordnungsmaßnahmen gegen von Braun. Die Rechten werfen ihr parteischädigendes Verhalten vor.
Der Tempelhofer Vorsitzende Klaus Gröbig begründete den Schritt mit dem „menschlich niederträchtigen Verhalten“ der FDP-Politikerin. Carola von Braun, die dem Ortsverband Neu- Tempelhof angehört, habe ihn und seinen Bezirksverband in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung in die Nähe von Rechtsradikalen gerückt. Dies will sich der achtunddreißigjährige Beamte nicht länger gefallen lassen. Er erhoffe sich vom Landesschiedsgericht „eine möglichst hohe Parteistrafe“, so Gröbigs verklausulierter Hinweis nach einem Parteiausschluß gegen die prominente Linksliberale. In der Süddeutschen Zeitung war von Braun mit den Worten zitiert worden, bei Veranstaltungen der Tempelhofer FDP fühle sie sich an „einen Film von 1933“ erinnert. „Ganz junge Männer mit ganz kurzen Haaren“ seien da im Gleichschritt aufmarschiert und hätten sich zackig zu Wort gemeldet. Die „rechtsradikale Truppe“, so von Brauns Forderung, gehöre nicht in die FDP. Unterstützung erhielt sie von ihrem Parteifreund Tolksdorf, der Ende letzter Woche in einem taz-Interview seine Befürchtungen vor einer rechten Unterwanderung in seinem Bezirksverband Reinickendorf wiederholte.
Gröbigs Rechtskurs wird bereits seit drei Jahren innerhalb der FDP aufmerksam verfolgt. Als Mitglied des Landesvorstandes der Jungen Liberalen (Julis) gelang es ihm 1991 zeitweilig, die Nachwuchsorganisation auf einen stramm national-liberalen Kurs einzuschwören. Sein Freund Torsten Witt – ebenfalls Mitglied in Tempelhof – knüpfte 1992 als stellvertretender Juli-Landeschef Kontakte zum Chef der rechten „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ), Jörg Haider. Dies geht aus einem der taz vorliegenden Schreiben hervor. Die damaligen Forderungen der Julis nach einem „Bundesland Preußen“ verteidigt Gröbig noch heute. Es gehe ihm stets um die liberalen Werte Preußens und nicht um den „rasselnden Militarismus“. Der „Geist von Preußen“ sei eine Alternative gegen die „zunehmende Korruption in der Gesellschaft“, meint Gröbig. Das Tempelhofer Vorstandsmitglied Markus Roscher, der 1991/92 mit am Rechtskurs der Julis gestrickt hatte, sieht seine Gesinnungsfreunde als Opfer einer Kampagne. Es sei „unlauter, jeden, der für einen stärkeren Staat eintritt, als Rechtsradikalen zu bezeichnen“, erklärt der 31jährige Rechtsreferendar.
In die immer heftiger werdenden Querelen schaltete sich diese Woche der Landesvorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt ein. Er werde, so ließ er verlauten, einen „Haider-Kurs“ der FDP nicht zulassen. Die Ehrenvorsitzende der Berliner Liberalen, Ella Barowsky, bezeichnete gestern den Antrag der Tempelhofer FDP-Rechten als „Quatsch“. Hier seien „eitle“ Leute am Werk. Einen Rausschmiß der ehemaligen Landesvorsitzenden hält die 83jährige für ausgeschlossen. Die Altliberale, die im Oktober 1945 der damals Liberal-Demokratischen Partei beitrat, forderte die FDP auf, den rechten Rand „sehr, sehr sorgfältig zu beobachten“. Severin Weiland
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