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Die Berufsfiesen von der „Würgerweide“

■ Am Samstag endete die diesjährige Catchsaison/ Publikumsliebling Rambo wieder Weltmeister

Der Clown hatte am Ende keine Chance. Fit Finlay, der berufsfiese Mittelgewichts-Catcher aus Irland, hatte ihm die Arme wie Schraubstöcke um die Hüfte gelegt und hielt ihn lange fünf Sekunden kopfunter in der Schwebe. Dann „ rammte “ er unter großem Hurra der Zuschauer den Catch-Clown Doink in den Boden. Klassischer K.O. durch einen Kopfstaucher.

Beim 4. Euro-Catch-Festival in der Bremer Stadthalle waren am Sonnabend robuste Naturen gefragt. Weit abseits von jeder sentimentalen Rührung und dennoch mit Emotion kämpften 18 Männer zum Abschluß des diesjährigen 37 Tage dauernden Ringermarathons der Catch-Wrestling Association (CWA). Mit phantasievollen Kostümen ging es um ebenso phantasievolle Titel und Qualifikationen. Die rund 3 000 Zuschauer selbst durften dabei entscheiden, was zum Beispiel in der Alpencup-Herausforderung oder der „IWPG-Qualifikation“ Können oder Klamauk war.

Catchen hat in Bremen Tradition. Nach Kriegsende kämpften die ersten Berufsringer in einer Holzhalle auf der Bremer Bürgerweide um amerikanische Lebensmittel. Seitdem verwandelt sich die Bürgerweide mit ihrer Stadthalle einmal im Jahr zur „Würgerweide“.

Gut und böse ist schon vor dem Kampf klar definiert, und wer mit finsterer Miene den Ring betritt, darf nicht darauf hoffen, daß ihm die Herzen der Zuschauer zufliegen. Dafür fliegen dann manchmal Tische und Stühle, wenn das Treiben der Gladitoren der Enge des Ringes entflieht und die handgreiflichen Auseinandersetzungen mit dem Stadthallenmobiliar fortgesetzt werden. Wer nah am Ring sitzt, darf auf eine ganz persönliche Begegnung mit den Catchern hoffen.

Natürlich gebiert die Mischung aus Ringkampf und Boulevard-Theater auch Helden. Das sind meist durchtrainierte, dauergewellte Sonnenbankanbeter wie Rambo, ein schwergewichtiger Hüne aus Frankreich. Er gehört zum Bremer Catch-Repertoire wie der Roland auf den Marktplatz. Jedes Jahr ist die Verteidigung seines Weltmeistergürtels der Höhepunkt des letzten Kampfabends, der auch diesmal erfolgreich für den Publikumsliebling endete. Nach einer mißglückten Kopfschere schulterte der Bremer Held seinen Gegner Big Titan und schnallte verdient seinen verbandseigenen WM-Gürtel wieder um. Markus Daschner, dpa

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