: Das Fest der Diebe: Alle Jahre wieder Weihnachtsklau
■ Parfüms und CDs sind bei Ladendieben zur Weihnachtszeit beliebt
Weihnachtszeit ist Einkaufszeit. Hastig eilen Menschen von einem Geschäft zum nächsten, stets auf der Suche nach einer passenden Weihnachtsüberraschung für die Liebsten. Doch nicht alle führen Gutes im Schilde – einige nutzen den Massenandrang zur Selbstbedienung. Allein in Hannover hat die Polizei im Dezember letzten Jahres 983 Ladendiebstähle registriert. So entsteht nach Angaben der Kaufhäuser ein Schaden in Millionenhöhe.
„'Alle Jahre wieder' – nur so kann man das beschreiben, was wir zur Weihnachtszeit durchmachen müssen“, klagt Friedhelm Unkel, Geschäftsführer eines großen Kaufhauses in Hildesheim. Von den Artikeln, die bei ihm an der Ladenkasse vorbei das Haus verlassen, sind Parfüms und CDs am beliebtesten. Den typischen Ladendieb gibt es nach Unkels Erfahrungen nicht: „Egal, ob Schüler, Beamte, Angestellte oder Rentner: Die Leute kommen aus allen Schichten.“
Eine „unglaubliche Professionalität“ wird den Ladendieben von Wolfgang Kötter, Geschäftsführer einer Braunschweiger Kaufhaus-Filiale, bescheinigt. Einer ihrer einfachen, aber effektiven Standardtricks: Ein Täter verwickelt das Personal in ein Gespräch, die anderen räumen ab – und das nicht zu knapp. „Erst neulich hat die Polizei die Wohnungen von zwei Ladendieben durchsucht und dabei CDs im Wert von mehr als 1 000 Mark sichergestellt“, berichtet Kötter. Die meisten Scheiben hätten noch das Preisschild seines Hauses getragen. Deshalb sei vor Weihnachten die Zahl der Detektive von zwei auf vier verdoppelt worden. Von Januar an sollen außerdem alle Artikel mit einer Signalplakette versehen werden.
Oskar Marhoffer, Geschäftsführer eines Kaufhauses in Hannover, hofft, die Ladendiebe im Vorfeld der Tat abschrecken zu können. „Wir setzen im gesamten Haus uniformiertes Wachpersonal ein und schulen unsere Mitarbeiter ständig weiter“, erläutert er. Dabei werde das Personal nicht nur über die jüngsten Maschen beim Diebstahl, sondern auch über neue Formen der Kriminalität, wie etwa Kreditkartenfälschung oder Scheckkartenbetrug, informiert.
Diese Taktik wird angesichts sinkender Kriminalitätszahlen auch von der Polizei begrüßt. „Die Sicherheitsmaßnahmen der Warenhäuser sind eine Ursache für die in den letzten Jahren leicht gesunkene Quote beim Ladendiebstahl“, ist sich Hans-Joachim Elsner, Polizeisprecher in Hannover, sicher. Ob sie jedoch auch im Weihnachtsgeschäft ihre Wirkung haben werden, vermag er noch nicht zu beurteilen. „Das werden die Zahlen zeigen.“ Für die ersten drei Quartale dieses Jahres ist die Statistik immerhin vergleichsweise erfreulich: Knapp 2 800 Fälle von Ladendiebstahl gab es zwischen Januar und September 1994, im Vergleichszeitraum 1993 waren es noch mehr als 4 000.
Ulf Hannemann, dpa
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