: Beruf mit Zukunft?
■ Harte Zeiten für Versicherungs-Azubis
Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) schlägt Alarm: Entgegen früheren Zusagen wollen Hamburgs Versicherungsmultis ihre Auszubildenden nicht in feste Arbeitsverhältnisse übernehmen, sondern sie auf die Straße setzen. HBV-Sekretär Jörg Reinbrecht: „Es ist schon ein Hammer, daß die Versicherungen bei den erzielten Gewinnsteigerungen und der guten Konjunktur in der Versicherungsbranche wortbrüchig werden.“
Noch 1992 machten Hamburgs Versicherungskonzerne regelrechte Versprechungen, um junge Frauen und Männer für ihre 391 Ausbildungsplätze zu begeistern. „Versicherung – ein Beruf mit Zukunft“, lautete der Slogan. Doch nur zwei Jahre später wollen die Versicherungs-Manager davon nichts mehr wissen. Gewerkschafter Reinbrecht: „Das ist ein neuer Trend, der bei allen Unternehmen festzustellen ist.“
So möchte zum Beispiel die „Allianz“ keinen ihrer 40 Auszubildenden übernehmen, die „Hamburg-Mannheimer“ nur sieben von 36 Auszubis weiterbeschäftigen, die „Volksfürsorge“ gerade mal sechs von 36, und der „Deutsche Ring“ will nur einem von 28 jungen Leuten einen festen Arbeitsplatz anbieten.
Die Trendwende wird mit den neuen Unternehmensstrategien in der Versicherungsbranche begründet. Aufgrund von Personalstraffungen, Auslagerungen und EDV-Rationalisierungen sollen bis 1998 am „Hauptversicherungsstandort Hamburg“ 5000 der 28.500 Arbeitsplätze abgebaut werden. Allein die „Volksfürsorge“, „Iduna-Nova“ und „Hamburg Mannheimer“ wollen um 2500 MitarbeiterInnen schrumpfen.
Um nicht als „Rausschmeißer“ dazustehen und ein wenig Kosmetik zu betreiben, versuchen einige Versicherungsmultis ihr Image zu retten, indem sie den Ausgelernten befristete Sechs-Monats-Arbeitsverträge anbieten. „Das sind aber zum Teil Teilzeitverträge mit 20 Stunden im Monat. Wenn die nach einem halben Jahr arbeitslos werden, bekommen die kaum Arbeitslosengeld“, schränkt HBV-Sekretär Reinbrecht ein, deshalb müsse eine tarifliche Regelung angestrebt werden: „In die nächste Tarifrunde im Februar werden wir mit der Forderung nach einer Übernahmegarantie gehen.“ Kai von Appen
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