Ab 1.1. wird gepflegt

■ Das Bundesverfassungsgericht lehnte gestern Einstweilige Anordnung gegen die Einführung der Pflegeversicherung ab

Karlsruhe (AP) – Die Einführung der Pflegeversicherung ist perfekt: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe lehnte gestern einen Antrag auf Einstweilige Anordnung des entsprechenden Gesetzes ab, so daß es wie geplant am 1. Januar 1995 in Kraft treten wird. Gleichzeitig regelte Thüringen gestern als letztes Bundesland die Finanzierung des Arbeitgeberbeitrags und strich ebenfalls den Buß- und Bettag als gesetzlichen Feiertag. Der Landtag in Erfurt verabschiedete ein Gesetz, das die Umwandlung des Buß- und Bettags von einem gesetzlichen in einen religiösen Feiertag vorsieht. Danach kann jeder Arbeitnehmer in Thüringen selbst entscheiden, ob er an diesem Tag arbeiten, Urlaub nehmen oder unbezahlte Freistellung beantragen will.

Thüringen ist damit das 14. Bundesland, das den Buß- und Bettag zur Kompensation des Arbeitgeberbeitrags für die Pflegeversicherung als gesetzlichen Feiertag abgeschafft hat. Baden-Württemberg strich dagegen den Pfingstmontag, während Sachsen als einziges Bundesland den Arbeitnehmern den gesamten Pflegebeitrag auferlegte und dafür keinen Feiertag strich.

Mit der Entscheidung der Karlsruher Verfassungsrichter scheiterte der Versuch mehrerer Familien, das Inkrafttreten des Pflegegesetzes mit einer Einstweiligen Anordnung vorerst zu stoppen. Wie das höchste Gericht mitteilte, wurden sämtliche Anträge zurückgewiesen, weil die zumindest vorläufige Aussetzung des Gesetzes für die Allgemeinheit wesentlich schwerwiegendere Folgen hätte als für die Beschwerdeführer. „Wenn die Pflegeversicherung nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt wirksam würde und damit auch die Leistungen aus dieser Versicherung nicht wie vorgesehen gewährt werden könnten, würden die Belange und Dispositionen der Pflegebedürftigen und ihrer Familien schwerwiegend beeinträchtigt“, heißt es in der Begründung der Entscheidung des Gerichts.

Die in Karlsruhe klagenden Familien mit je drei bis neun Kindern sind der Auffassung, daß die Beitragserhebung die ohnehin schwierige wirtschaftliche Lage der Mehrheit junger Familien verschlechtern werde. Der monatliche Höchstbetrag liegt in den alten Bundesländern vorerst bei 58,50, in den neuen Bundesländern bei 48,75 Mark. Die Hälfte davon wird in den 15 Bundsländern, die einen gesetzlichen Feiertag gestrichen haben, vom Arbeitgeber getragen.

Die Karlsruher Richter erklärten die Verfassungsbeschwerden aber weder für unzulässig noch für offensichtlich unbegründet. Sie müssen also über die Klagen in der Hauptsache noch entscheiden.