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Des Briefträgers Zivilcourage siegt

■ Landesarbeitsgericht Hessen entschied: Postler müssen keine Pamphlete der rechtsextremen DVU zustellen

Frankfurt/Main (taz) – „Wir begrüßen es, daß die Zivilcourage der Briefträger, die sich geweigert haben, die DVU-Pamphlete auszutragen, unterstützt wurde.“ Der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im hessischen Landtag, Fritz Hertle, freute sich gestern zusammen mit Postlern über ein am Dienstag ergangenes Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hessen. In zweiter Instanz entschied die 7. Kammer des Gerichts in Frankfurt/Main, daß die Bundespost neun Abmahnungen gegen Zusteller zurücknehmen muß, die sich vor den hessischen Kommunalwahlen 1993 geweigert hatten, Postwurfsendungen der rechtsradikalen Deutschen Volksunion (DVU) auszutragen.

Damit wurde ein Urteil des Frankfurter Arbeitsgerichts in vollem Umfang bestätigt, das bereits im Dezember 1993 Briefträgern den Rücken stärkte, die aus Gewissensgründen die DVU-Zeitung mit dem Titel: „Für ein deutsches Frankfurt!“ nicht austragen wollten. Die Post hatte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.

Auch 1995 keine Wahlreklame für die DVU

Hintergrund für die Abmahnungen war ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes (VGH) in Baden-Württemberg. Der VGH hatte in einem Eilverfahren entschieden, daß die Post als Monopolbetrieb verpflichtet sei, auch Sendungen der DVU zu befördern. Zunächst hatte sich die Post nämlich mit den Briefträgern, die das DVU-Postgut liegen ließen, solidarisiert. Doch nach dem VGH-Urteil aus dem Süden vollzog die Postleitung einen Schwenk und überzog die Briefträger mit Disziplinarverfahren und Abmahnungen. Politiker in Wiesbaden haben die Post gestern aufgefordert, gegen die zweitinstanzliche Entscheidung vom Dienstag nicht in die Revision zu gehen. Frankfurts Briefträger wollen ihre Linie eh beibehalten. Denn auch im Landtagswahlkampf 1995 soll keine rechtsextremistische Propaganda in die Briefkästen der FrankfurterInnen gelangen. Klaus Peter Klingelschmitt

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