: Papiertiger fürs Klima
■ Umweltsenator legt Energiekonzept vor / Bis zum Jahr 2010 soll Kohlendioxid-Emission um 25 Prozent verringert werden
Zumindest auf dem Papier hörte es sich gut an, was Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) gestern als Energiekonzept präsentierte. Bis zum Jahre 2010 könnten demnach in Berlin die Kohlendioxid-Emissionen um 25 Prozent reduziert werden. Dreiviertel der Einsparungen sollen die privaten Haushalte erbringen. Bei der gewerblichen Wirtschaft seien hingegen kaum Verbesserungen zu erreichen, da durch den Wirtschaftsaufschwung der nächsten Jahre die Reduzierungen in diesem Bereich wieder „aufgefressen“ würden. Dies gelte auch für den individuellen Kfz-Verkehr, einem laut Hassemer „politisch nur sehr schwer steuerbaren Queraspekt“. Rund 432 Millionen Mark wurden für den Doppelhaushalt 1995/96 für ein ganzes Bündel an Energie- maßnahmen in den verschiedenen Verwaltungen konzentriert. Damit, so Hassemers Hoffnung, könnten weitere Investitionen in Höhe von über fünf Milliarden Mark aktiviert werden. Insbesondere in Wohnungen und öffentlichen Verwaltungen will der Senat energiesparende Konzepte gefördert und zudem verstärkt Solartechnologien und andere regenerative Vorhaben unterstützten. Die Energieunternehmen sollen ihrerseits zur Verringerung der CO2-Emissionen beitragen, etwa durch Inbetriebnahme eines neuen Bewag-Heizkraftwerkes in Mitte bis 1996.
Drei Jahre lang war an dem Konzept gewerkelt worden, mit dem sich Berlin als Hausherr der UN-Klimakonferenz im Frühjahr kommenden Jahres der internationalen Öffentlichkeit im hellen Licht präsentieren will. Hassemer selbst mußte gestern aber eingestehen, daß die „eigentliche Arbeit erst beginnt“. Ohne die Unterstützung der übrigen Senatsverwaltungen bliebe das Papier nur Makulatur. Er wies denn auch darauf hin, daß das Konzept eine „originäre Verpflichtung für die Verwaltungen“ darstelle. Eine ganze Reihe von Punkten sind jedoch nach wie vor ungeklärt. So soll in fünf bislang noch nicht näher bestimmten Neubaugebieten künftig der individuelle Kfz-Verkehr verbannt werden. Eine Verordnung für die Umstellung von Kohleöfen auf umweltfreundlicheren Betrieb ist nicht in Sicht.
Der umweltpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Hartwig Berger, bezeichnete Hassemers Energiekonzept gestern als „Politik des Fortwurstelns“. Es enthalte keine konkreten Schritte zur Eindämmung des motorisierten Verkehrs zu Lande und in der Luft. Severin Weiland
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