■ Read.Me: Dufter Verein
Die Hamburger Illustrierte Max hat sich seit ihrer ersten Ausgabe um ein gesundes Verhältnis zur werbetreibenden Industrie bemüht. Redaktioneller Teil und Anzeigen sind kaum voneinander zu unterscheiden. Dafür dürfen die Leser in jeder Ausgabe ihre Lieblingsanzeige wählen. Die Branche, von deren Werbegeldern die Illustrierte abhängt, revanchiert sich großzügig: Max ist voll mit teuren Vierfarb-Anzeigen, die oft speziell für das Blatt und seine konsumfreudige Klientel entworfen worden sind.
Diese konfliktfreie Zusammenarbeit wird auch im „Max Werbejahrbuch 1994“ weitergeführt: Auf über 250 Hochglanzseiten wird den Werbern mal wieder gezeigt, was für ein dufter Verein sie doch sind. Vierzig Werbeagenturen werden im branchenüblichen Lobhudel- Slang vorgestellt. Wieso neben Marktführern wie „Grey“, „Springer & Jacoby“ oder „Lintas“ auch Werbe- Klitschen wie die Hamburger „Krabiell & Liedtke“ oder „Eisbrecher“ aus Stuttgart vorgestellt werden, erschließt sich allerdings erst bei näherem Hinsehen: Die beiden Mini-Agenturen haben zwar bislang noch nicht durch besonders gelungene Werbung auf sich aufmerksam gemacht, aber sie sind die Hausagenturen der Hamburger Verlagsgruppe Milchstraße, die Max herausgibt.
Munter zieht sich der Geruch von Inzest und Vetternwirtschaft durch das ganze Bilderbuch. Wer also noch ein Weihnachtsgeschenk sucht und in dem Band einigermaßen distanzierte, ernstzunehmende Informationen über Werbung zu finden hofft, ist hier falsch. Im „Max Werbejahrbuch“ gibt es nur Werbung für die Werbung. Und zwar ziemlich schlechte. Tilman Baumgärtel
Max Werbejahrbuch 1994, 256 Seiten, Max Verlag, 69 DM. Zum Buch gibt es eine CD-ROM für 89 DM.
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