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Was will der Landesvater?

Geht es nach Gerhard Schröder, dann wird das niedersächsische Frauenministerium abgeschafft / Personalquerelen als willkommener Anlaß  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

„Das Verhältnis zwischen Frauenministerin Christina Bührmann und dem Ministerpräsidenten ist durchaus verbesserungsfähig“, so sagte gestern vieldeutig ein Sprecher Gerhard Schröders. Ähnlich drückte sich kurz danach die Landesfrauenministerin selbst aus: „Vielleicht gelingt es Herrn Schröder und mir ja im nächsten Jahr mal, in Ruhe ein Gespräch zu führen“, meinte sie. Das Gespräch scheint dringend nötig, stieß doch kürzlich ein wütender Schröder schon auf Bührmann gemünzte Entlassungsdrohungen aus.

Anlaß für den Wutausbruch gaben die nicht abreißenden personellen Querelen im einst von Waltraut Schoppe geleiteten Frauenministerium. Gerade mal ein halbes Jahr im Amt, hatte Christina Bührmann zunächst ihre Büroleiterin entlassen und sich dann heillos mit ihrer Staatssekretärin überworfen, deren Posten nach ihrem Wechsel nach Bonn gleich ganz gestrichen wurde. Zu Weihnachten setze Bührmann auch noch ihrer Pressesprecherin den Stuhl vor die Tür. Keineswegs will sie allerdings im nachhinein ihre Sprecherin dafür verantwortlich machen, „daß mein Haus in der Öffentlichkeit keine Highlights produziert“.

Das Frauenministerium befinde sich objektiv in einer schwierigen Situation, gibt Bührmann unumwunden zu. Gesetzesvorhaben stünden nicht mehr an. „Die großen Brocken wie das niedersächsische Gleichstellungesetz und das Frauenbeauftragtengesetz wurden bereits in der letzten Legislaturperiode verabschiedet“, meint sie. Die Umsetzung sei intensive Kleinarbeit, aber eben nicht spektakulär.

Grundsätzlich ließen sich die Probleme des Frauenministeriums nur durch eine Erweiterung der Kompetenzen des Hauses, durch einen neuen Zuschnitt lösen, sagt Bührmann und wünscht sich, bald in die Reihe der normalen Ministerien aufrücken zu können – etwa durch die Zuständigkeit für die Arbeitsmarktpolitik. Alles frauenpolitisch Neue, was sie jetzt etwa in Sachen Stadtentwicklung oder Verkehrspolitik machen könnten, seien eben doch nur „Ansätze oder Pflänzchen“.

Auch der Landesvater wünscht sich einen anderen Zuschnitt des Frauenministeriums. Einen ganz anderen, denn intern ist eine Zusammenlegung des Frauenministeriums mit dem Sozialministerium im Gespräch, was dann allerdings auf die von den Grünen bereits beschworene Abschaffung eines selbständigen Frauenministeriums hinauslaufen könnte.

Christina Bührmann war von vornherein nicht Gerhard Schröders Lieblingskandidatin für das Frauenressort. Sie war die Favoritin der Frauen in der SPD- Landtagsfraktion, und die konnte der Ministerpräsident angesichts seiner Ein-Stimmen-Mehrheit im Landesparlament nicht übergehen. Offiziell weist Gerhard Schröder momentan noch alle Spekulationen über eine Umbildung seines Kabinetts zurück.

Da der niedersächsische Landtag aber nach der Verabschiedung des Doppelhaushalts 1995/96 im Frühjahr laut Schröder keine weiteren Gesetzesvorhaben beschließen soll, hat der Landesvater danach freie Hand. Auf die Stimmen der Frauenministerin und ihrer Lobby ist er nicht angewiesen. Dann entscheidet sich Bührmanns Schicksal.

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