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Verfeindete Wüstenbrüder wollen Freunde sein

■ Nach drei Jahren Krieg schließt Dschibutis Regierung Frieden mit Rebellen

Berlin (taz) – Wenn in einem Wüstenland von der Größe Mecklenburg-Vorpommerns Bürgerkrieg herrscht, ist zu vermuten, daß es genauso um persönliche wie um politische Animositäten geht. Und nur Verbrüderung kann solch einen Krieg beenden. Auf diese Weise haben jetzt im ostafrikanischen Dschibuti die Regierung unter Präsident Hassan Gouled Aptidon und die Guerillabewegung Frud („Front für die Wiederherstellung von Einheit und Demokratie“) unter Ali Mohammed Daud Frieden geschlossen.

Der Krieg in Dschibuti, das zwischen Äthiopien und Somalia eine von französischer Militärpräsenz alimentierte Wohlstandsoase darstellt, begann 1991, als Regimegegner aus der Afar-Volksgruppe wegen der Übermacht des Volkes der Issa in der Regierung die Frud gründeten und in den Busch gingen. Damit, und auch mit ihrem Protest gegen den diktatorischen Führungsstil von Präsident Gouled, brachten sie ab November 1991 die gesamte Nordhälfte des Landes unter ihre Kontrolle. 1992 rüstete Gouled die Armee von 3.000 auf 15.000 Mann auf – im Jahre 1993 konnte er dann den Großteil des Afar-Gebietes zurückerobern. Dabei war die Armee nicht zimperlich: Nach Plünderungen und Hinrichtungen flohen 70.000 Afars aus ihren Dörfern.

Aus einer Position der Stärke begann die Regierung sodann mit Verhandlungen. Ein erstes Abkommen über Gefangenenaustausch wurde unter äthiopischer Vermittlung Ende 1993 geschlossen – für Äthiopien ist Dschibuti ein lebenswichtiger Handelshafen. Nach Führungswechseln und Spaltungen in der Frud wurde dann ab Juni 1994 über einen umfassenden Frieden gesprochen. Die abschließende Gesprächsrunde endete am 26. Dezember, als Innenminister Idriss Harbi Farah und Frud-Generalsekretär Ugurah Kifleh Ahmed ihre Unterschriften unter den Friedensvertrag setzten. Der 78jährige Staatschef Gouled sprach von einem „historischen Augenblick“, während Frud-Präsident Daud jubelte, das Abkommen umfasse „alle politischen, ethnischen, sozialen und wirtschaftlichen Probleme“.

Die Verbrüderungszeremonie soll folgendes bewirken: Die Frud wandelt sich zu einer politischen Partei und rückt in die Regierung ein. Den Frud-Guerillakämpfern werden Arbeitsplätze beim Militär oder im Staatsapparat garantiert. Es werden neue Wählerlisten erstellt – bisher waren viele Afar darauf nicht vertreten. Die Regierung unterstützt Kriegsgeschädigte und verpflichtet sich zu einer Demobilisierung.

Doch scheinen, trotz Dauds Optimismus, nicht „alle“ Probleme gelöst. Bisher forderte die Frud auch Verfassungsänderungen, um das Parlament gegenüber dem Präsidenten zu stärken – davon ist im Abkommen keine Rede. Und andere Oppositionsgruppen fürchten offenbar eine Versöhnung zweier Giganten auf dem Rücken der Kleineren. So wetterte die „Vereinigte Front der dschibutischen Opposition“, die mehrere illegale politische Parteien vereint, gegen den „Pseudo-Frieden“, den „eine Dissidentenfraktion der Frud“ geschlossen habe. Die von staatlicher Repression besonders betroffene Menschenrechtsorganisation ADDHL warnte, man müsse „Sorge tragen, daß der Vertrag sofort umgesetzt wird“. Dominic Johnson

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