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Christpartei sorgt sich um Ost-Schäflein

■ Internes Strategiepapier beschäftigt sich mit der Lage in den Ostbezirken: Warum gewinnt die PDS und die CDU nicht?

Nach dem Debakel der Berliner CDU bei den Bundestagswahlen am 16. Oktober war für die Partei eines klar. „Wir können nicht so einfach zur Tagesordnung übergehen“, befand Fraktionsgeschäftsführer Dieter Hapel. Von 39,4 Prozent bei den Wahlen 1990 sackten die Christdemokraten auf 31,4 Prozent und landeten nur noch auf Platz 2 – hinter der SPD. Besonders stark waren die Verluste im Westteil der Stadt, doch auch im Osten gaben 5,6 Prozent weniger Menschen der CDU ihre Stimme, die weit abgeschlagen hinter PDS und SPD landete. Ein Trend, der sich schon bei der Europawahl im Juni dieses Jahres abgezeichnet hatte, schien sich damit zu zementieren. Schon damals hatte sich die sogenannte Grundwertekommission des Landesverbandes mit dem schlechten Stand der CDU und dem Erfolg der PDS in den Ostbezirken beschäftigt. Die Thesen „Zum Wahlerfolg der PDS in den Ostberliner Bezirken“ wurden jetzt aktualisiert und zur internen Parteidiskussion vorgelegt.

Zwei Fragen stehen in dem Papier, das der taz vorliegt, im Vordergrund: „Warum gewinnt die PDS?“ und „Warum gewinnt die CDU nicht?“ Die „Angst vor dem Moloch Partei“ sei geschwunden, wird eingangs in dem Papier konstatiert, und außerdem funktioniere die Organisation des alten Parteiapparates wieder. Zentral für den Erfolg der PDS scheint den Christdemokraten, daß sie „die Sprache der Ostdeutschen“ spricht: „Die PDS kennt die Mentalität der Ostdeutschen am besten, da sie das Produkt von SED- Bildung und Erziehung ist, vermittelt ein ,Wir-Gefühl‘, verspricht Heimat und Solidarität.“ Vor allem drei Gruppen ehemaliger DDR-Bürger werden nach der CDU-Analyse von der PDS angesprochen: Menschen, die aus Überzeugung für die DDR einstanden, die eine reformierte DDR wollten oder die zwar die Einheit wollten, jetzt aber enttäuscht sind.

Erleichtert wird der ungeliebten SED-Nachfolgepartei die Sache dadurch, „daß sie überall ist“. Geradezu verschwörungstheoretisch wird das Papier, wenn von „Internationalen Synergieeffekten“ die Rede ist. „Zum alten Machtapparat der SED gehörten internationale Freundschaftsbeziehungen.“ Diese bestünden heute noch fort.

So simpel die Antworten auf den PDS-Erfolg scheinen, so schwer tut sich die CDU mit den Gründen für das eigene Unvermögen. Einige liegen auf der Hand: geringe Mitgliederzahl, schlechte Organisation, wenig Geld, Vorbehalte gegenüber den ehemaligen Blockparteien. Doch dann möchte man fast Mitleid mit den wackeren CDU-Kämpen bekommen, derer es nur „wenige Idealisten in einer politischen Diaspora“ gibt. „Hinzu kommt das Problem, daß die bürgerlichen Parteien, vor allem die CDU, von alten Kadern unterwandert werden.“ Gänzlich unverständlich ist der C-Partei, daß just gegenüber diesem C in „weiten Kreisen der ehemaligen DDR-Bevölkerung Vorbehalte“ bestehen. Besonders schwer habe es die Partei unter Frauen und jungen Wählern. „Die Frauen erinnern sich der ,sozialpolitischen Maßnahmen‘ bei voller Erwerbstätigkeit, die jungen Leute erinnern sich der Überschaubarkeit der POS und der sicheren Lehrstellen. Das Wissen, daß alles dies Mogelpackungen waren, wird verdrängt.“

Geradezu selbstkritisch nimmt sich die letzte These aus. Die Repräsentation des Ostens in der Partei, heißt es, genüge nicht. „Menschen, die uns wählen sollen, sehen im Umgang der Parteiführung mit ihren eigenen Leuten ein Muster für den Umgang mit dem Volk. War das den Funktionsträgern stets bewußt?“ Kordula Doerfler

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