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Häuslebauer werden zu Dichtern

Seit dem 1. Januar gilt die neue Wärmeschutzverordnung / Für Wohnhäuser werden Energiebilanzen erstellt / Wer dauerlüftet, macht alles zunichte  ■ Von Christian Arns

Im neuen Jahr soll erheblich weniger Energie verschwendet werden. Zumindest in Wohnhäusern sollen Heizungen nur die benutzten Räume aufwärmen, nicht die Erde und die ganze Umgebung. Diesem Zweck dient die neue Wärmeschutzverordnung (WSVO), die seit Jahresbeginn in Kraft ist. Sie gilt für Neubauten, aber auch für den Um- und Ausbau, wenn dadurch die Wohnfläche um mehr als zehn Quadratmeter erweitert wird. Die Novellierung der bisherigen Verordnung wurde bereits im letzten Sommer vom Bundestag beschlossen. Die letzten Hürde, die Zustimmung des Bundesrates zur dazugehörenden Verwaltungsvorschrift, wurde im November genommen.

Bundesbauminister Klaus Töpfer verspricht sich von der Verordnung eine erhebliche „Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes und damit zum Klimaschutz“. Ein gutes Drittel des gesamten Energieverbrauchs entfällt nach seinen Angaben auf die Erzeugung von Raumwärme. Und diese soll von nun an mit erheblich weniger Energie gewährleistet werden.

Entscheidender Unterschied zur alten WSVO ist die Art, wie der Mindestschutz berechnet wird. Erstmalig wird nämlich eine umfassende Energiebilanz zusammengestellt. Diese soll Aussage liefern, wieviel Energie aufgewandt werden muß, um das komplette Gebäude zu beheizen.

Entscheidend dafür ist zunächst das Verhältnis der Außenwandfläche, über die immer Wärme verloren geht, zum Gebäudevolumen. Wer also kompakt baut, braucht die einzelnen Bauteile nicht ganz so gut zu dämmen, um die Höchstwerte nicht zu überschreiten. Wer jedoch verschachtelt baut, was aus optischen Gründen oft wünschenswert wäre, erzielt wegen der erheblich größeren Außenfläche den sogenannten Kühlrippeneffekt: Bei solchen Häusern muß die Wärmedämmung an Fenstern und Wänden deutlich besser sein.

Krebsgefahr durch Mineralfaser-Dämmung

Die Mittel dazu sind vielfältig: Neben den typischen Berliner Kasten-Fenstern mit ihren zwei Rahmen oder den doppelt- und dreifach verglasten Fenstern, sowie dem Abdichten undichter Fugen und anderen Wärmebrücken, dienen dazu Dämmaterialien. Noch immer werden vor allem Mineralfasern eingebaut, da sie billig und einfach zu verarbeiten sind. Da diese aber Krebs erzeugen (s. nebenstehender Kasten), gewinnen die alternativen Dämmstoffe, etwa aus Altpapier oder Wolle, zunehmend an Bedeutung. Diese Dämmstoffe können nicht nur an Außenwänden und Dächern, sondern auch innerhalb des Hauses sinnvoll sein, etwa wenn einzelne Räume nur selten oder weniger beheizt werden müssen (s. Grafik).

Alle entscheidenden Daten, also etwa die Qualität der Wärmedämmung, das Gebäude-Volumen und dessen Außenwand, müssen künftig im Wärmepaß dokumentiert werden. Damit können sich Behörden oder potentielle Hauskäufer informieren, wieviel Energie zum Beheizen benötigt wird.

Eine komplette Energiebilanz muß allerdings bei kleineren Wohnhäusern bis zu zwei Vollgeschossen und mit höchstens drei Wohnungen nicht erstellt werden. Bei ihnen gilt ein vereinfachtes Verfahren, das in etwa dem Prinzip der alten WSVO entspricht: Danach wird lediglich gemessen, wieviel Wärme die einzelnen Außenbauteile durchlassen. Der sogenannte k-Wert gibt Auskunft, was durch Fenster und Türen, Dach und Außenwände verloren geht.

Dieses Verfahren stößt bei den Herstellern von Fertighäusern auf Widerstand: „Es entsteht die paradoxe Situation, daß die schon jetzt bessere Wärmedämmung im Fertigbau gegenüber der herkömmlichen Bauweise ins Hintertreffen gerät“, kritisiert Otto Kreibaum, geschäftsführender Gesellschafter von Okal, einem der führenden deutschen Unternehmen. (s. Bericht auf der Nachbarseite)

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