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Liebe Erna! -betr.: Dokumentation eines Briefes von Erna Thälmann, taz vom 4.1.95

Betr.: Dokumentation eines Briefes von Erna Thälmann, taz v. 4.1.

Liebe Erna, die Welt, in der wir leben, ist nicht das Paradies, aber ist sie die Hölle? Mir fällt in Deinem Text eine Tendenz zur Verböserung, zur Infernalisierung der Wirklichkeit auf. Die Einheitsfeier nationalistisch? Die Hauptansprache hielt meines Wissens ein polnischer Intellektueller. Stell Dir das mal vor in der Zeit, als Deutschland wirklich nationalistisch war.

Die Möglichkeit zur Artikulation fehlt, sagst Du. Aber Du schreibst an die taz, und sie druckt Dich. Wohnungsleerstand mag es geben, aber massenahft? Überall siehst Du Spekulanten, Rassisten, Scharfmacher, sogar Lokalnationalisten; alle sind heuchlerisch, verlogen, ignorant.

Ich will nicht versuchen, Dir das im einzelnen auszureden, nur darauf hinweisen, daß es Dein Entschluß ist, die Welt so zu sehen. Denn Du kannst auch anders, etwa bei den Fensterscheiben. Das sind dann „zertretene Schaufenster von Geschäftsleuten, denen das Finanzielle beileibe nichts ausmacht“. Das Gute – dieser Satz steht fest – ist stets das Böse, was man läßt. (W. Busch)Eberhard Ludewig

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