: Mord auf dem Teller -betr.: "Gestern der Laden, morgen Du", taz vom 4.1.95
Betr.: „Gestern der Laden, morgen Du“, taz v. 4.1.
(...) Vegan (...) sein heißt, Ausbeutung von Tieren (und Natur) und deren Unterwerfung unter anthropozentrische Hierarchie, Umweltzerstörung (...) und Trikontausbeutung konsequenter zu bekämpfen als durch Ovo-lakto-Vegetarismus (eigentlich bedeutet Vegetarismus ja die ausschließlich pflanzliche Kost, da das aber im allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr klar ist, wurde sich des englischen „vegan“ bedient).
Innerhalb der (radikalen) Linken (Autonome, aber auch „Emma“ und den Ökos sowieso) hat der „vierte Hauptwiderspruch“ längst Einzug gehalten: Kaum noch eine Volxküche kocht mit Aas, immer öfter gibt es auch vegan. Hierarchielosigkeit predigen, aber ein Stück Mord, Ausbeutung und HERRschaft auf dem Teller (...) zu haben, paßt halt nicht zusammen.
Dabei sind vegan LEBENDE (und nicht nur politische Programme diskutierende) Menschen, anders als bei Euch oder gewissen Briefeschreibern dargestellt, keine „Sekte“, die neben sich keine Widersprüche duldet. Meist sind ebenjene Teil von linken/autonomen Strukturen und begreifen ihren Veganismus auch nur als einen Widerspruch neben (oder auch noch unter) Rassismus, Sexismus, Kapitalismus.
Bei Eurer Scharfmache fühle ich mich an Diffamierungen früher latent diskriminierter Gruppen vor iher Aufnahme in die Riege der Hauptwidersprüche erinnert: Wie vor 25 Jahren die Reihen von Patriarchatskritikerinnen von vielen nicht besonders ernst genommen wurden (und heute??). Erste Reaktion einer linken Verkrustung ist wohl immer erst die schroffe Ablehnung, das In-die-Nähe-Rücken mit der politischen Gegenseite (gerade das Präfix „faschistisch“ oder „totalitär“ fällt dann immer sehr schnell). So auch hier...
Sich aufzuregen über das Entglasen von „KleinhändlerInnen“ per se basiert sowieso nur auf einer oberflächlichen Quantität (des Umsatzes) und nicht auf der (politischen) Qualität des Ladens. Ist ein kleiner Waffenladen, Sexshop, Faschobuchladen korrekt, weil es ein Familienbetrieb ist?? Tut uns leid, Schlachterläden dienen dem Verkauf von Aas, – von Mord und Ausbeutung, aber in eurem armseligen Kleinster-Nenner-Reformismus schafft Ihr es gerade mal, Tiertransporte nicht so gut zu finden. Daß Schlachthöfe und McDonalds & Co. eigentlich erste Ziele sind, ist uns auch klar, widerspricht aber nicht auch dem Hinwenden zu kleineren MitmacherInnen.
Ganz klar ist für uns, daß es nicht legitim ist, SchlachterInnen persönlich anzugreifen und zu bedrohen, davon distanzieren wir uns, und solche Aktionen gehen bundesweit höchstens von einer handvoll Leute (sehr junge zudem) aus, die auch eher verbalmartialisch herumposaunen und daher nicht allzu ernst genommen werden sollten. Wir lassen uns von diesen paar nicht diskreditieren, so sind auch schon genug interne Diskussionen gelaufen, hoffen wir, daß es konstruktiv weitergeht, auch mit Euch, wo ihr jetzt ja zum Generalangriff auf VeganerInnen zu blasen zu haben scheint.
Zum Thema „Öko-Schlachter“: Das ist nicht viel anders als „humane Todesstrafe“ oder „humanitäre Bundeswehreinsätze“ – nichts als Kosmetik. Sein ökologisches Potential sollte Herr Groth doch lieber etwas sinnvoller einsetzen... Vegan Fieselschweif
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