: „Zum Ortstarif nach Südamerika“
■ Frauen erobern die Mailbox-Netze: Die FemNet-Gründerinnen Jutta Marke und Claudia Gembe über ihre Vision / Vernetzung von Frauenprojekten preiswerter als bisher
taz: Warum ein Datennetz für Frauen?
Jutta Marke: In den bestehenden öffentlichen Netzen werden Frauen überhaupt nicht motiviert, sich zu äußern. Die Inhalte sind oft uninteressant, es wird sehr viel über Technik geredet. Wenn Frauen schreiben, passiert es, daß Männer sogenannte Flames, Beschimpfungen, über das Netz jagen. Das ist der Hauptgrund für ein eigenes Frauennetz. Außerdem wollen wir Frauen inhaltlich interessante Informationen bieten.
Was findet sich in den FemNet- Brettern?
Jutta Marke: Es gibt die verschiedensten Themenbereiche – von A bis Z. Wir haben unter anderem ein Projektebrett, ein Pressebrett, ein „Computerbrett“, wo technische Fragen erörtert werden, und ein sehr ausführliches Lesbenbrett. Es gibt ein Mädchenbrett, wo verschiedene Mädchentreffs miteinander kommunizieren können. Wir bieten auch Bretter von anderen Mailboxen an, zum Beispiel internationale Frauenbretter. Der Schriftwechsel zum Thema Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 läuft in anderen Ländern fast nur über e-mail. Wir haben verschiedene Kontakte zum Ausland, unter anderem zu einem Frauennetzwerk in Ex-Jugoslawien und nach Istanbul, wo ein Frauennetz aufgebaut wird.
Wer nutzt das Netz?
Jutta Marke: Bisher haben wir hundert Userinnen. Bei Frauenprojekten wird der account (eine Teilnahmeberechtigung plus e- mail-Adresse) natürlich von mehreren Frauen genutzt.
Claudia Gembe: Wir müssen noch viel Überzeugungsarbeit leisten. Gerade für Projekte hat e-mail viel zu bieten. Es wird schon seit Jahren davon geredet, daß Frauenprojekte sich vernetzen sollen. Das scheitert häufig am Geld, weil Projekte keine 1.000 Mark für Porto aufbringen können. Datenfernübertragung ist viel billiger.
Was kostet der Einstieg ins Datennetz?
Jutta Marke: Neben Computer und Telefon braucht frau ein Modem, das kostet ca. 200 Mark. Dazu kommen im Jahr 150 Mark Userinnenbeitrag für FemNet. Wenn es in ihrer Stadt bereits eine FemNet- Box gibt, kann frau alle ihre Mails zum Ortstarif verschicken, selbst bis nach Südamerika. Auch wenn es nicht so teuer ist, wie viele denken, können sich das nicht alle Frauen leisten. Deshalb brauchen wir eine Alternative für Frauen, die nicht die entsprechende Technik haben. Es müßte öffentliche Stationen geben, wo sich alle Frauen – möglichst kostenlos – ins Netz einwählen können.
Eure Vision?
Claudia Gembe: Millionen Frauen bilden ein eigenes Netzwerk, das den ganzen Globus umspannt.
Interview: Doris Maassen
FemNet, Telefon: 069/5976453;
0611/379948; 02104/52028
Frauen mit Netzanschluß erreichen die FemNet-Boxen unter 069/ 553507; 0611/379848; 02104/51464; e-mail: sysopin 6 fem-f.rhein- main.de; sysopin 6 fem-wi.rhein- main.de; sysopin 6 fem-d.rhein- main.de
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