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„Der IWF ist kein Wohltätigkeitsverein“

■ Die internationalen Geldgeber wollen bereits versprochene Gelder erst an die CFA-Länder auszahlen, wenn diese „schmerzhafte“ Strukturreformen durchführen

Sechzehn Milliarden Franc, umgerechnet viereinhalb Milliarden Mark, versprachen die Regierung Frankreichs, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) den fünfzehn Ländern der afrikanischen Franc-Zone nach der Abwertung des CFA-Francs. Von diesem Geld haben die betroffenen Länder aber bisher nur etwas mehr als ein Drittel gesehen. Senegal bekam 2,97 Milliarden Franc versprochen; ausgezahlt wurden bisher 535 Millionen. Kameruns Zusagen belaufen sich auf 1,2 Milliarden; bisher wurden 400 Millionen vergeben – hauptsächlich, um ausstehende Rechnungen bei französischen Unternehmen zu zahlen.

Die ausgezahlten Gelder sollten zumeist die sozialen Auswirkungen der Abwertung lindern: Um Preise niedrig zu halten, subventionierte Frankreich Medikamenteneinfuhren nach Afrika, die Weltbank ermöglichte zusätzliche Nahrungsmittelimporte. „Priorität“, beschreibt die Weltbank in ihrem jüngsten Jahresbericht diese Notprogramme, „war, die Inflation zurückzuhalten“.

Langfristig geht es aber darum, einen Wirtschaftsaufschwung herbeizuführen. Zwischen 1986 und 1994 war das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in den fünfzehn Ländern um 40 Prozent gesunken. Die Weltbank setzt daher auf „mehr Investitionen in Infrastruktur und menschliche Ressourcen, eine höhere Spar- und Investitionsrate, mehr Aufmerksamkeit dafür, daß das Wachstum die Armut verringert, und eine Stärkung der Fähigkeiten wirtschaftlichen Managements und der Institutionen“.

Das heißt im Klartext: Der Rest der zugesagten Gelder wird erst vergeben, wenn sich die afrikanischen Regierungen zu präzise vereinbarten Reformschritten verpflichtet haben – ohne Rücksicht auf innenpolitische Gegebenheiten. „Die strukturellen Reformen, die die Regierungen fortan durchführen müssen, werden noch schmerzhafter sein als die Abwertung selber“, erklärte dieser Tage Alassane Ouattara, Vizegeneraldirektor des IWF: „Nötig ist eine straffere Verwaltung der öffentlichen Finanzen, eine stärkere Verminderung der öffentlichen Defizite und vor allem eine Verringerung der Rolle des Staates.“ Die afrikanischen Länder dürften 1995 keine neuen Hilfszusagen erwarten, sagte Ouattara, und fügte hinzu: „Der IWF ist eine Bank, kein Wohltätigkeitsverein.“

Ouattara kommt aus der Elfenbeinküste und war dort zwischen 1990 und 1993 Premierminister. Ihm schwebt vermutlich das Erfolgsbeispiel seines eigenen Landes vor – außer dem Sonderfall der Komoren-Inseln im Indischen Ozean –, das einzige der fünfzehn Länder, das schon heute die Kriterien der Weltbank zur sogenannten „dritten Phase“ des laufenden Afrika-Programms der Bank erfüllt, in dem es um grundsätzliche Wirtschaftsreformen im Sinne Ouattaras geht. Eine Kombination von Abwertung und steigenden Weltmarktpreisen für die Hauptexportgüter Kaffee und Kakao erlaubte 1994 der Regierung der Elfenbeinküste, ihre defizitären Vermarktungskassen zu sanieren und die Produzentenpreise zum Teil drastisch zu erhöhen – bei Kaffee zum Beispiel von 60 auf 530 CFA- Francs pro Kilo. Die Steuer- und Zolleinnahmen des Staates stiegen 1994 um 65 Prozent, die Ausgaben nur um 18 Prozent.

Die Kehrseite dieser positiven Entwicklung: Die Kaffee- und Kakaoplantagen ziehen verstärkt Armutsmigranten aus den Nachbarstaaten an, und in der Hauptstadt Abidjan steigt die Abneigung Einheimischer gegen die im Handel dominierenden Ausländer. Das trifft sogar Ouattara selber: Derzeitiges Lieblingsthema der abidjanischen Gerüchteküche ist die Behauptung, der einstige Premier stamme eigentlich aus Burkina Faso und habe daher gar kein Recht, der Elfenbeinküste Lehren zu erteilen.

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